Mit einem Spitzenergebnis von 98,1 Prozent hat der Landesparteitag der hessischen SPD Gerhard Bökel am Samstag zum Ministerpräsidenten-kandidaten und neuen Landesvorsitzenden gewählt. Mit 315 Ja- von 321 Stimmen erzielte der 55-jährige Landtagsabge-ordnete und Staatsminister a.D. das bisher beste Wahlergebnis, mit dem die Landesspitze der Hessen-SPD seit Gründung des Landesverbandes 1977 je gekürt wurde.
Zuvor hat Gerhard Bökel in einer mit "standing ovations" bedachten, kämpferischen Rede die landespolitischen Ziele der Sozialdemokraten für die Landtagswahlen 2003 umrissen: "Wir sind bereit, uns den Herausforderungen der Zeit zu stellen und dem Land ein modernes, menschliches Gesicht zu geben."
Hart ging Bökel mit der amtierenden Landesregierung ins Gericht: Koch habe das Land mit seiner Finanzaffäre und der Doppelpasskampagne moralisch heruntergewirtschaftet. „Hessen braucht einen neuen Ministerpräsidenten“, rief der 54 Jahre alte Bökel unter dem Applaus der Delegierten.
Als zentrale Inhalte des sozialdemokratischen Gegenentwurfs zur heutigen Regierungspolitik nannte er einen neuen „Hessenplan“ nach dem Vorbild von Georg August Zinn, mehr Bürger-beteiligung und Ganztagsschulen für junge Familien als wichtige Ziele. Er kündigte an, bei einem Regierungswechsel in Wiesbaden einen „Zukunftsrat“ mit Vertretern aller Interessengruppen einzuberufen. Auf der Grundlage ihrer Vorschläge wolle er – wie der langjährige SPD-Ministerpräsident Zinn – den „Hessenplan“ zum weiteren Aufbau des Landes aufstellen.
Zentral seien mehr Ganztagsangebote, an denen nach allen Umfragen rund 90 Prozent der jungen Familien interessiert seien. Das bringe mehr für die Gleichstellung von Frau und Mann als manches gut gemeinte Programm. Am Frankfurter Flughafen sei der Ausbau nötig, die SPD werde aber verbindlich dafür sorgen, dass er nur mit einem Nachtflugverbot und mehr Lärmschutz für die Anwohner komme.
Die SPD stehe dafür, dass kein Jugendlicher nach der Schule in der Ausbildungs- und Arbeitslosigkeit landen dürfe. Die Arbeitslosigkeit im Lande müsse auch wieder mit Beschäftigungsprogrammen bekämpft werden. Der Wohnungsbau dürfe nicht dem freien Markt überlassen werden. Ein Teil des Wohnungsbestandes müsse als Regulativ in der Hand des Staates bleiben. Bökel kündigte für den Fall des Regierungswechsels an, den Kellerwald in Nordhessen zum Nationalpark zu machen.
Der scheidende SPD-Landesvorsitzende, Bundesfinanzminister Hans Eichel, hatte die hessische SPD zuvor zur Geschlossenheit aufgerufen. Die Partei müsse alles dafür tun, dass die vergangene Landtagswahl mit dem Sieg der CDU „ein Betriebsunfall der hessischen Geschichte“ bleibe.
Abschied nahm auch der stellvertretende Landesvorsitzende und bisherige Fraktionsvorsitzende Armin Clauss, der nicht wieder für den Landesvorstand kandidierte. Angesichts der Annäherung der Grünen an die CDU in vielen hessischen Kommunen dürfe die SPD keinen Lagerwahlkampf führen. „Wir müssen so stark sein, dass ohne die SPD keine Regierungsbildung möglich ist!“