Der hessische Landesverband der Justizvollzugsbediensteten und die SPD-Landtagsfraktion kritisieren die Strafvollzugspolitik der Landesregierung und weisen auf einen Widerspruch bei der Darstellung der Haftplatzentwicklung hin. Im Anschluss an ein gemeinsames Gespräch des Landesverbandes der Justizvollzugsbediensteten und des rechtspolitischen Arbeitskreises der SPD-Landtagsfraktion, an dem ebenfalls die von Gerhard Bökel als künftige Justizministerin berufene Christine Lambrecht teilgenommen hat, stellten die Sozialdemokraten und die Gewerkschaftsvertreter fest, dass es viele Positionen gibt, in denen man übereinstimme.
Empört wiesen beide darauf hin, dass auch der Justizminister die Wählerinnen und Wähler mit falschen Zahlen zu blenden versuche. Stets werde behauptet, dass unter Wagners Verantwortung über 441 zusätzliche Haftplätze geschaffen worden seien. Tatsächlich habe es aber vor Regierungsantritt der CDU in Hessen 5.663 Haftplätze (Stichtag 01.01.1999) gegeben und derzeit seien 5.676 Haftplätze (Stichtag 08.11.2002) im hessischen Strafvollzug vorhanden. Es wurden also in den letzten vier Jahren lediglich 13 zusätzliche Haftplätze geschaffen, um der Überbelegung zu begegnen.
Zu den gemeinsamen Positionen gehört vor allem auch eine deutliche Absage an die Privatisierungsideen des Justizministers im Strafvollzug. Die Vertreter der Strafvollzugsbediensteten und der SPD sind gemeinsam der Auffassung, dass die Behandlung der Gefangenen sowie der hoheitliche Kernbereich nicht privatisiert werden kann und darf. Übereinstimmung gab es zudem in der Bewertung der vom Justizminister für die Zukunft formulierten Ziele. Als völlig sachwidrig und wider aller Expertenmeinung wurde dabei die Idee der generellen Anwendung des Erwachsenenstrafrechts auf Heranwachsende sowie die Heraufsetzung von Höchststrafen bewertet. Die Vertreter der Strafvollzugsbediensteten wiesen besonders darauf hin, dass bei dieser Tätergruppe eine qualifizierte Betreuung eher die Möglichkeit für ein künftiges Leben ohne Straftat biete, als dies der Erwachsenenvollzug vermag.
Zudem wurde festgestellt, dass in der Vergangenheit die Haftdauer von zu lebenslanger Freiheitsstrafen Verurteilten mit durchschnittlich 22,7 Jahren höher lag als dies derzeit unter der Verantwortung der CDU mit 18,6 Jahren der Fall ist. Massiv kritisiert wurde sowohl von den Strafvollzugsbediensteten als auch von den Sozialdemokraten die völlig überzogene Einführung von SAP in der Landesverwaltung. Als höchst problematisch wird außerdem die Überbelegungssituation im Strafvollzug gesehen. Während im Offenen Vollzug knapp die Hälfte der 900 Haftplätze nicht belegt sind, fehlen im geschlossenen Männervollzug über 700 Haftplätze.