Der Landesparteirat hatte zuvor einstimmig eine Positionsbestimmung als unverzichtbare Grundlage der Gespräche beschlossen. Der Beschluss hat folgenden Wortlaut:
Unser Auftrag ist soziale Gerechtigkeit
Die Bundestagswahl hat gezeigt: Die Menschen in Deutschland wollen einen aktiven, handlungsfähigen und ausgleichenden Staat, der soziale Gerechtigkeit, Arbeitnehmerrechte und ökologische Verantwortung garantiert. Der neoliberale Kurs von CDU und FDP, die auf Ausgrenzung und Spaltung gesetzt haben und die Politik der Wirtschaft unterordnen wollen, hat keine Mehrheit gefunden. Mit ihrem Kurs sind CDU und FDP nicht regierungsfähig.
Die Mehrheit links von CDU und FDP, die mit dem Wahlergebnis zum Ausdruck kommt, kann allerdings parlamentarisch nicht genutzt werden. Aber diese linke Mehrheit muss sich inhaltlich in anstehenden Verhandlungen abbilden, andernfalls würde das Wahlergebnis verfälscht.
Die Führung der SPD wird deshalb aufgefordert, folgende Forderungen bei allen Gesprächen über die Bildung einer Bundesregierung zur unverzichtbaren Grundlage zu machen:
· Erhalt der Arbeitnehmerrechte, keine Aufweichung des Kündigungsschutzes und der Mitbestimmung und keine Eingriffe in die Tarifautonomie, insbesondere die Flächentarifverträge
· Einführung von Mindestlöhnen und umfassende Überarbeitung der EU-Dienstleistungsrichtlinie mit dem Ziel, faire Wettbewerbsbedingungen für Arbeitnehmer und Unternehmen zu garantieren
· Beibehaltung der Steuerfreiheit von Sonntags-, Feiertags- und Nachtzuschlägen, keine Einschränkungen bei der Pendlerpauschale
· Solidarische Bürgerversicherung statt Kopfpauschale
· Erhalt eines handlungsfähigen Staates, der das Ziel der sozialen Marktwirtschaft umsetzen kann: Dazu gehören insbesondere Erhalt und Modernisierung unseres Sozialsystems, Stärkung einer guten Infrastruktur durch Investitionen in Forschung und Entwicklung, Ausbau der Betreuungsangebote für Kinder und Stärkung der Ganztagsschulen
· Eine aktive Wirtschafts- und Finanzpolitik, die die Binnenkaufkraft stärkt und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands im Auge hat. Dazu gehört auch eine Erhöhung der öffentlichen und privaten Investitionen, auch zur Steigerung der Beschäftigung. Die dafür erforderlichen Mittel können nur erzielt werden, wenn Kapitaleinkünfte, Erbschaften und höhere Einkommen stärker an der Finanzierung öffentlicher Aufgaben beteiligt werden
· Gerechte Bildungschancen für alle statt Auslese nach dem Geldbeutel der Eltern
· Fortsetzung und Verstärkung der ökologischen Erneuerung. Der Ausstieg aus der Atomkraft und die Unterstützung erneuerbarer Energien muss fortgesetzt werden
· Erhalt und Stärkung kommunaler Finanzen
· Aktive Friedenspolitik, die auf Prävention und Verhinderung von kriegerischen Auseinandersetzungen setzt anstelle der Übernahme von Großmachtpositionen
Für die hessische SPD ist zentral, dass bei den anstehenden Verhandlungen die Identität der Partei keinen Schaden nehmen darf.
Die SPD muss gerade nach den bitteren Verlusten bei zahlreichen Landtagswahlen wieder neue Stärke in den Ländern und auf kommunaler Ebene gewinnen. Dazu ist erforderlich, dass sich die Vorstellungen unserer Mitglieder bei einer Regierungsbeteiligung der SPD auf Bundesebene wieder finden und die Voraussetzungen geschaffen werden, verloren gegangenes Terrain wieder zurück zu gewinnen. Zur Wiederherstellung der Mehrheitsfähigkeit der SPD gehört es auch, diejenigen Wähler wieder an die SPD zu binden, die sich diesmal für die Linkspartei.PDS entschieden haben.
Die hessische SPD sieht im Wahlergebnis eine Bestätigung ihrer Auffassung, dass der Kurs von Roland Koch in Hessen keine Mehrheit mehr findet. Hessen fällt wirtschaftlich und in seiner Kreditwürdigkeit immer mehr ab; Hessen ist nur noch beim Sozialabbau vorn. Kochs Kurs ist gescheitert; die CDU erhielt dafür bei der Bundestagswahl in Hessen und bei zahlreichen Direktwahlen die Quittung.
Unser nächstes Ziel ist ein Erfolg bei den Kommunalwahlen. Dafür wollen wir Rückendeckung – auch durch unsere Bundespartei.
Unser Auftrag ist und bleibt, für soziale Gerechtigkeit einzutreten. Daran werden wir alle Verhandlungsergebnisse messen.