SPD: Solidarische Bürgerversicherung wäre echter Reformschritt

„Die SPD Hessen ist enttäuscht über das Ergebnis der Verhandlungen zur Gesundheitsreform. Ein gerechtes und zukunftsfähiges Finanzierungsmodell für das Gesundheitssystem ist mit der CDU nicht verhandelbar. Deshalb bleibt die SPD Hessen auch nach diesem Verhandlungsergebnis bei ihrer Auffassung, dass nur die Solidarische Bürgerversicherung einen echten Reformschritt im Gesundheitssystem darstellen würde.

Um die Beitragszahler zu entlasten und eine Einbeziehung von Vermögens- und Unternehmereinkommen zu erreichen, hat die SPD eine Finanzierung über die Einkommenssteuer vorgeschlagen. Die SPD kritisiert, dass die CDU-Ministerpräsidenten die Besserverdienenden vor Belastungen geschützt haben. Damit haben sie nicht nur eine höhere Beitragsbelastung der Arbeitnehmer erzwungen, sondern auch eine Zusage der Kanzlerin gebrochen.

Die zentralen Ziele der SPD für eine Reform im Gesundheitswesen sind nicht erreicht worden. Anderseits konnte sich die CDU nicht damit durchsetzen, durch eine Kopfpauschale die Finanzierung des Gesundheitssystems ungerechter zu machen und die SPD konnte verhindern, dass es eine weitere Aufweichung der Parität bei der Finanzierung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gibt. Weiterhin konnte die SPD verhindern, dass zusätzliche Belastungen für Beitragszahler durch die private Absicherung von Gesundheitsrisiken entstehen.

Ziel der Reform für die SPD war eine Senkung der lohnbezogenen Beiträge und die Einbeziehung lohnunabhängiger Finanzierungsquellen/aller Einkommensarten. Die Einbeziehung der Reicheren und Vermögenden in die solidarische Finanzierung nach Leistungsfähigkeit wurde nicht erreicht. Die nun vorgenommene Anhebung der Beiträge um 0,5 Prozentpunkte stellt das Gegenteil dessen dar, was beide Koalitionspartner als Ziel formuliert haben.

Ziel der Reform für die SPD war es, auch künftig alles, was medizinisch notwendig ist im Rahmen der GKV zu erhalten und weitere Leistungsausgrenzungen zu verhindern. Wir begrüßen, dass dies in dieser Reformrunde gelungen ist. Es ist aber zu befürchten, dass die jährliche Entscheidung über die Beitragshöhe im Bundestag früher oder später zur Ausgrenzung von Leistungen führen könnte. Mit einer Entscheidung über Beitragssätze und damit auch über Leistungen ist das von uns vertretene Grundprinzip, dass alles medizinisch Notwendige auch geleistet und bezahlt werden muss, faktisch unter einen jährlichen Finanzierungsvorbehalt gestellt.

Ziel der Reform für die SPD war ein Abbau der Zwei-Klassen-Medizin. Dieses Ziel wurde nicht erreicht. Privatversicherte haben weiterhin einen größeren Leistungskatalog und die PKVen vergüten weiterhin jede einzelne Leistung bei Ärzten und Kliniken besser. Eine Einbeziehung der Privatversicherten in der Finanzierung des Solidarsystems konnte nicht erreicht werden. Die Einführung eines Basistarifs bei den GKVen ändert daran nichts, sondern ist der Einstieg in die Kopfpauschale für Besserverdienende. Der Kontrahierungszwang bedeutet, dass PKVen für Besserverdienende noch attraktiver werden.

Ziel der SPD war eine Verhinderung eines Einstiegs in ein Kopfpauschalenmodell. Es ist aber zu erwarten, dass viele Kassen mit den Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds trotz Risikoausgleich nicht auskommen werden. Der Zuschlag wird nicht zu besserer Effizienz führen, sondern bleibt patientenkollektivabhängig. Zu einer gerechteren Finanzierung wird auch die Auswahl zwischen einkommensanteiligen und pauschalen Zuschlägen nicht beitragen, da die Kassen bei einkommensanteiligen Zuschlägen ihre besser verdienenden Mitglieder an die PKVen verlieren werden.

Ziel der SPD war ein Einfrieren des Arbeitgeberbeitrags zu verhindern. Dieses Ziel konnte teilweise erreicht werden. So werden die Arbeitgeber auch weiterhin paritätisch an den Beitragserhöhungen beteiligt. Die Zuschläge bei Unterfinanzierung werden jedoch allein von den Versicherten getragen.

Ziel der SPD war es, dass Gesundheitswesen insgesamt wieder stärker am Sozialstaatsgedanken auszurichten und Privatisierungsbestrebungen entgegen zu wirken. Im Bereich der Strukturreformen bleibt diese Reform von einer Ökonomisierung der Lebensrisiken geprägt. Dazu gehören beispielsweise die Einführung von Wahltarifen mit Selbstbehalt, die Stärkung der Kostenerstattung statt dem Sachleistungsprinzip, die Reduzierung der Krankenhausmittel anlässlich der aktuellen Tarifkonflikte, die Ausrichtung von Prävention allein auf das Individualverhalten und erhöhte Zuzahlungen bei „unzureichender Mitwirkung". Gesellschaftliche Ursachen von Erkrankungen bleiben weitgehend ausgeblendet. Die Umstellungen der ärztlichen Vergütung auf Festpreise birgt die Gefahr eines weiteren Abbaus patientenzentrierter, sprechender Medizin.

Das Verhandlungsergebnis der Koalition ist nicht dazu geeignet die Finanzierung das Gesundheitssystem auf solidarischer Basis langfristig abzusichern.
Die SPD Hessen hält daher weiterhin am Ziel einer Solidarischen Bürgerversicherung fest.“