SPD-Gewerkschaftsrat für mehr Verteilungsgerechtigkeit und Wachstum

„Der Gewerkschaftsrat der hessischen SPD schließt sich der Kritik von Kirchen, Gewerkschaften, Politik, Unternehmern und zahlreichen Verbänden an der drastischen Erhöhung der Vorstandsbezüge bei Siemens um 30% ab dem kommenden Geschäftsjahr an. Angesichts des jahrelangen Missmanagements, der daraus folgenden Entlassungen und Gehaltskürzungen bei Siemens ist diese Entscheidung absolut inakzeptabel.

Unter den rund 16.000 Beschäftigten an den 13 hessischen Standorten des Unternehmens ist die Empörung verständlicherweise groß. Allein im Rhein-Main Gebiet vernichtet Siemens derzeit über dreihundert Arbeitsplätze.

Aus Sicht des Gewerkschaftsrates reiht sich diese Entscheidung ein in eine Reihe ähnlich fragwürdiger Entwicklung bei anderen deutschen Unternehmen (Deutsche Bank, Allianz, DaimlerChrysler etc.).

Für den SPD-Gewerkschaftsrat geht es dabei sowohl um die moralisch-ethischen Grundlagen eines demokratischen und sozialen Gemeinwesens in Deutschland, wie um die konjunktur- und beschäftigungspolitischen Konsequenzen einer immer stärker wachsenden Schieflage in der Einkommensverteilung in Deutschland. Kapitaleinkommen und Managergehälter steigen mit ungebrochener Geschwindigkeit, während die Masseneinkommen der Beschäftigten real sogar sinken. Damit wird die Binnennachfrage spürbar eingeschränkt und die Konjunktur- und Beschäftigungsentwicklung beschädigt.

Der Europäische Tarifbericht 2006 des WSI zeigt, dass die Arbeitseinkommen in Deutschland der europäischen Entwicklung deutlich hinterher hinken. So steigen die Löhne und Gehälter einschließlich Lohnnebenkosten in Deutschland mit 0,8% in 2005 und voraussichtlich auch 2006 geringer als in jedem anderen Land der Europäischen Union. Zugleich entwickeln sich Kapitaleinkommen und Managementgehältern auf europäischem Spitzenniveau. Diese wachsende Ungleichverteilung der Einkommen in Deutschland .ist nicht nur Mitverursacher der immer noch schwachen Binnenkonjunktur in Deutschland, wegen der Exportstärke der deutschen Volkswirtschaft wirkt sie auch hemmend auf die wirtschaftliche und beschäftigungspolitische Dynamik in Europa.

Besorgniserregend ist auch ein weiterer Tatbestand der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in Deutschland: Gut ein Drittel aller abhängig Beschäftigten (bei den Frauen knapp 54%) arbeiten mittlerweile in so genannten atypischen Beschäftigungsverhältnissen (Teilzeitarbeitsplätze, geringfügige Beschäftigung, befristete Beschäftigungsverhältnisse, Leiharbeit und Ich-AG’s). Hinzu kommt, dass rund 2,5 Millionen Vollzeitbeschäftigte für Armutslöhne arbeiten. Rund 700.000 Arbeitnehmer erhalten ergänzendes ALG II, weil ihr Arbeitseinkommen unterhalb der Bedürftigkeitsgrenze liegt. Damit steigen einerseits die Belastungen des sozialen Sicherungssystems in Deutschland und andererseits die Risiken des sozialen Abstiegs für zunehmende Bevölkerungskreise.

Umso bedeutender und drängender ist es, die Vorschläge des SPD-Gewerkschaftsrats auf Bundesebene zur Einführung eines branchenbezogenen Mindestlohns in Deutschland als einen wichtigen Baustein zur Sicherung sozialer Mindeststandards in Deutschland anzuerkennen und umzusetzen. Als nächste Branche muss im Bereich der Zeitarbeitsfirmen ein Mindestlohn vereinbart werden.

Über die Vorschläge zur Einführung eines Mindestlohns hinaus bleibt es aber Aufgabe der SPD, Vorschläge zur Stärkung dauerhafter sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung zu erarbeiten.

Die SPD Hessen lehnt ein Gesellschaftsmodell ab, in dem sich eine Minderheit die Terrassen auf der Sonnenseite des Lebens vergolden kann, während eine immer größer werdende Zahl von Menschen (oft auch Kinder) an kommunalen Tafeln versorgt wird.

Deshalb sind die immer wieder verkündeten Erhöhungen der Managergehälter – nicht nur bei Siemens – ein Skandal!“