
Die anhaltende Kampagne der hessischen CDU gegenüber Windkraftanlagen (Windenergiewahn, Monster) ist einer großen Volkspartei unwürdig. Der Versuch, Windkraftanlagen mit unhaltbaren Behauptungen zum Bürgerschreck hochzustilisieren, vergiftet nicht nur das politische Klima in Hessen, sondern gefährdet auch den aktiven Klima- und Umweltschutz und behindert die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit Hessens mit besonders negativen Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft, den wirtschaftlichen Mittelstand und die kommunale Entwicklung. Die Kampagne hat unverkennbar irrationale Züge, mit der sich die hessische CDU auch innerhalb der Bundes-CDU zunehmend isoliert (siehe Anlage 4). Sie hat jetzt schon dazu beigetragen, das Hessen in der Nutzung erneuerbarer Energien weit hinter anderen auch anderen CDU-regierten Bundesländern hinterherhinkt. Ohne Windkraftanlagen ist weder das gestern von der Bundesregierung bekräftigte Ausbauziel von 25 Prozent Anteil erneuerbarer Energien an der deutschen Stromerzeugung bis 2020 erreichbar, geschweige denn das von Bundeskanzlerin Merkel durchgesetzte EU-Ziel von 20 Prozent erneuerbaren Energien an der Gesamtenergieversorgung.
Das Versprechen der Hessischen Landesregierung, stattdessen auf Bioenergie zu setzen, ist kein Ausgleich für den Versuch, die Nutzung der Windenergie aus Hessen faktisch auszuschließen abgesehen davon, dass Hessen auch bei der Bioenergie zu den Schlusslichtern unter den Bundesländern zählt.
Die CDU Hessen verabschiedet sich damit aus der Diskussion über die wichtigsten Zukunftstechnologien. Während die Landesregierung unfähig war, der weiteren Landschaftsversiegelung und damit Verschandelung Einhalt zu gebieten und weiterhin auf Atomkraft und fossile Großkraftwerke setzt, gebärdet sie sich gegenüber Windkraft als Landschaftsschutz-Fundamentalistin auch gegenüber den großen Umwelt- und Naturschutzverbänden, die den Ausbau der Windkraft einhellig befürworten (siehe Anlage 5).
Der hessischen CDU ist dringend geraten, ihre Einstellung zur Windkraft zu überdenken und die Diskussion zu versachlichen. Sie wird ihre Positionen nicht durchhalten können!
1.Die Absage der Hessen-CDU an eine Schlüsseltechnologie für den Klimaschutz.
Der im Mai vorgestellte dritte Bericht des Weltklimarates bezeichnet die Windenergie als eine der Schlüsseltechnologien für den Klimaschutz. Umso fataler ist die diesbezügliche Bilanz der CDU-Landesregierung. Dies zeigt sich nicht nur daran, dass in Hessen im Jahr 2007 als einziges unter allen Flächen-Bundesländern noch keine einzige neue Windkraftanlage installiert wurde!
Während in Sachsen Anhalt bereits 36 % des Strombedarfs aus Windkraft hergestellt wird, in Mecklenburg-Vorpommern 35 %, in Schleswig-Holstein
33 %, in Niedersachsen 20 % und in Thüringen 10 %, sind es in Hessen 1,85 %. Dies wird nur noch unterboten von Bayern (0,5 %) und Baden-Württemberg (0,46 %).
Ich frage Herrn Koch: Will er etwa seinem Parteifreund und Ministerpräsidenten Böhmer sagen, er habe die Landschaft seines Landes Sachsen-Anhalt verschandelt?
Will er seinem Parteifreund und Ministerpräsidenten Carstensen bescheinigen, wenn er dort auftreten sollte, dass dessen Ziel unverantwortlich sei, bis 2020 durch weiteren Ausbau der Windkraft dort mehr Strom zu erzeugen, als der schleswig-holsteinische Strombedarf ist? und dass dies die Landschaft verschandele und die wirtschaftliche Zukunft Schleswig-Holsteins zunichte mache?
Fühlt sich Herr Koch von der Aussage seines Parteifreundes und Ministerpräsidenten Wulff angesprochen, dass wir dumm wären, wenn wir die insbesondere bei der Windkraft gemachten Fortschritte nicht fortsetzen würden. Hält Herr Koch alle diese Personen für wahnhaft?
Wie sehr ärgert er sich über die Aussage von Bundeskanzlerin Merkel, dass wir uns doch gemeinsam darüber freuen sollen, dass wir bei der Windenergie einen Weltmarktanteil von 60% haben?
Würde die Position von Koch Allgemeingut der Energiepolitik, würde Deutschland seine weltweit führende Rolle in der Windkraftindustrie unverzüglich verlieren. Man kann nichts exportieren wollen, was öffentlich in enthemmtem Vokabular als Windenergiewahn oder als Monster dargestellt wird. Deutschland hat durch die Windkraftindustrie einen weltweiten Anteil an der diesbezüglichen Wertschöpfung von 36,6 % (5,6 Mrd. ). Die gesamte deutsche Windenergiebranche setzte im Jahr 2006 7,2 Mrd. um und beschäftigt 73.800 Arbeitskräfte davon 45.500 allein bei der Installation, der Infrastrukturbereitstellung und für Service und Betrieb.
Will Herr Koch, dass das alles an Hessen vorbeigeht und Hessen nur Importland für andernorts erzeugten Windstrom ist, unter Verzicht auf eine eigene Wertschöpfung? Will er den hessischen Kommunen weiterhin verwehren, mithilfe der Windkraft zu Gewerbesteuereinnahmen und sonstigen Gemeindeeinnahmen zu kommen?
2.Die hessische SPD steht hinter dem Programm Neue Energie für Hessen.
Es ist völlig unwahrscheinlich, dass alle CDU-Mitglieder und Wähler in Hessen die Tiraden ihrer Repräsentanten gegen die Windkraft in Hessen teilen. Ein CDU-Landtagsabgeordneter ist einer der größten individuellen Windkraftbetreiber in Hessen. Selbstverständlich ist es auch unwahrscheinlich, dass ausnahmslos alle SPD-Mitglieder Hessens das Offensivprogramm von Andrea Ypsilanti befürworten. Entscheidend ist, was eine Partei beschließt.
Die hessische SPD steht hinter dem Programm, was sich auch auf dem kommenden Landesparteitag zeigen wird. Das gilt, entgegen anderweitigen Meldungen, auch und gerade für die SPD in Nordhessen. Das belegt nicht nur der nahezu einstimmig gefasste Beschluss des nordhessischen SPD-Bezirksparteitages vom Juni 2006, auf dem ich das Hauptreferat hielt. In diesem heißt es: Wir fordern die Landesregierung auf, keine Verhinderungspolitik für Windkraft im Wege der Regionalplanung zu betreiben. Die Planungsversammlungen sind aufgerufen, entgegen den Entwürfen der Landesregierung einen landschaftsverträglichen Ausbau der Windkraft zu ermöglichen.
In Nordhessen liegen die beiden Landkreise mit der größten Anzahl installierter Windkraftanlagen (Waldeck-Frankenberg 100, Kassel 86). Diese 186 Anlagen machen allein 35% aller in Hessen installierten Windkraftanlagen aus. Der Landkreis Kassel hat damit einer Windkraftanlage pro durchschnittlich 13km² – das ist der höchste Windkraftanlagenbesatz Hessens. Hätten alle Landkreise Hessens eine ähnliche Ausbaurate, so wäre damit das Ausbauprogramm der hessischen SPD bereits erfüllt sofern diese Anlagen jeweils eine höhere Leistungskapazität hätten wie es jetzt schon Stand der Technik ist. Und im Landkreis Waldeck-Frankenberg gelten die 100 Anlagen als alternatives Ausflugsziel für Touristen.
Es gibt auch in der nordhessischen SPD eine Diskussion darüber, ob die Ausweisung von Vorranggebieten auf der Ebene der Regionalplanung oder auf kommunaler Ebene besser aufgehoben sei. Aufgrund der Methode der CDU, die Vorranggebiete in den Regionalplänen drastisch einzuschränken, alles andere zum definitiven Ausschlussgebiet zu machen, hat die SPD-Fraktion in der Regionalversammlung nunmehr beschlossen: Im Hinblick auf die Planungshoheit der Kommunen soll der Regionalplanentwurf nochmals überprüft werden, damit dieser nicht gegenwärtigen oder künftigen Plänen von Kommunen entgegensteht, die diese in demokratischer Selbstverwaltung für den Ausbau erneuerbarere Energien erstellen (siehe Anlage 6). Dies entspricht der Linie des SPD-Programms Neue Energie für Hessen.
3.Der Missbrauch von Vorranggebieten in Regionalplänen zur Schürung von Windkraftprotesten auf der kommunalen Ebene durch die Landesregierung.
Auffallend ist, dass die Landesregierung mit den neuen Entwürfen der Regionalplanung nicht nur dazu übergegangen ist, alle Gebiete für die Windenergienutzung ausschließen zu wollen, die nicht als Vorranggebiete ausgewiesen werden. Mehr noch: In vielen Fällen hat sie dabei solche Gebiete zu Vorranggebieten erklärt, die offenkundig z. B. wegen nur geringer Windgeschwindigkeiten ungeeignet sind, so Proteste geradezu provozieren und die Windenergie unpopulär machen sollen, z. B. ein Vorranggebiet auf dem Verlauf des Weltkulturerbes Limes (siehe Anlage 1). Dies ist vor Ort auch schon als windige Taktik deklariert worden, sodass selbst in offiziellen Vorranggebieten der Windkraftausbau an Bürgerprotesten scheitern soll.
Das Programm der Hessen-SPD sieht deshalb vor, die Entscheidung über Windkraftstandorte der kommunalen Selbstverwaltung zu überlassen, neben der Ausweisung von Vorranggebieten in der Landesplanung entlang ohnehin belasteter überörtlicher Autobahn- und ICE-Strecken. Die Bürger im Landkreis Fulda interessiert nicht, wie viel und wo Windkraftanlagen im Landkreis Bergstraße stehen und umgekehrt. Es ist nicht einsehbar, warum eine Planungsbehörde im Regierungspräsidium eine größere Entscheidungskompetenz über Standorte haben soll als die Bürger einer Gemeinde und deren gewählte Vertreter.
Mit der Rückgabe der Entscheidungskompetenz auf die Ebene von Landkreisen und Kommunen besteht keineswegs die Gefahr eines Wildwuchses. Jede Gemeinde hat nach dem Bundesbaugesetz die Möglichkeit, auf ihrer Gemarkung eigene Vorrangflächen auszuweisen.
Mit der Entscheidung für die kommunale Planungshoheit statt für wenige regionale Vorranggebiete haben die Kommunen die Chance für regionale Wertschöpfung und Einnahmensteigerung (siehe Anlage 3). Die Erfahrung zeigt, bestätigt durch Umfragen, dass die dadurch eingeleitete breitete Streuung von bis zu drei Windkraftanlagen eine deutlich größere allgemeine Akzeptanz findet als eine Klumpung von bis zu 50 Anlagen in nur wenigen Vorranggebieten bzw. Gemeinden. Wenn durchschnittlich in jeder der über 400 Flächengemeinden bis zu drei Windkraftanlagen mit jeweils einer Leistungskapazität von 2,5 MW pro Anlage stünden, wäre das Ausbauziel der hessischen SPD bis 2013 bereits realisiert.
4.Windkraft entspricht dem überwiegenden Mehrheitswunsch.
Alle Umfragen bestätigen, dass Windkraftanlagen eine deutlich höhere Akzeptanz haben als andere sichtbare Bauwerke und Atom- und Kohlekraftwerke (siehe Anlage 2). Davon lenkt die CDU-Kampagne ab.
91% der Bevölkerung ist nach einer forsa-Umfrage für Wind. Je jünger die Menschen sind, umso mehr (86% der 18 30 jährigen gegenüber 51% bei den über 60 jährigen). Es geht dabei ja auch um die Zukunft der jüngeren Generation. Demgegenüber sind nur 25% klar für Atomkraft und nur noch 17% für Kohlekraftwerke.
Als störend für das Landschaftsbild gelten für 76 % Atom- und Kohlekraftwerke, für 59% Hochhäuser, für 44% Sendemasten, für 47 % Hochspannungsmasten und für 17 % Windkraftanlagen. In Hessen standen am Stichtag 30.06.2006 3.732 Sendemasten und nach Angaben von RWE und E.on 2.452 Höchst- und Hochspannungsmasten. Wahrscheinlich ist die Zahl deutlich höher, da es laut Bundesnetzagentur in Deutschland 196.000 Höchst- und Hochspannungsmasten gibt. Durch den von uns vorgesehenen Wechsel zur dezentralen Stromerzeugung einschließlich der Stilllegung der Biblisreaktoren werden mehr Höchst- und Hochspannungsmasten überflüssig als Windkraftanlagen erforderlich sind. Es verbleiben dann nur die Übertragungsleitungen, die für den interregionalen Spannungsausgleich erforderlich sind. Das bedeutet: Durch unseren Ansatz erreichen wir Landschaftsgewinne.
Im Übrigen zeigen sogar Umfragen von Tourismusinstituten, dass eine mancherorts befürchtete Beeinträchtigung des Tourismus durch Windkraftanlagen nicht festzustellen ist eher sogar das Gegenteil möglich ist, zumindest wenn wir eine breite Streuung von Windkraftanlagen statt eine Klumpung in nur wenigen Vorranggebieten realisieren.
ANLAGEN siehe PDF