Fragen an die hessische SPD

Thorsten Schäfer-Gümbel ist 39 Jahre alt und eins von vier Kindern eines Kraftfahrers und einer Hausfrau, geboren in Oberstdorf/Allgäu, aufgewachsen in der Giessener Nordstadt. Er ist verheiratet und hat drei Kinder. Seit 22 Jahren Mitglied der SPD. Er ist die Personifizierung bayrischer Lebensfreude und preußischer Tugenden.

Warum übernimmt Thorsten Schäfer-Gümbel die Spitzenkandidatur in einer so schwierigen Zeit?

Die SPD in Hessen verbindet inhaltliche und programmatische Kontinuität mit persönlicher und politischer Erneuerung. Thorsten Schäfer-Gümbel steht für die Programmatik des letzten Wahlkampfes mit den Schwerpunkten Haus der Bildung und Abschaffung Studiengebühren, für Gute Arbeit und die Energiewende. Darüber hinaus wird er eigene Akzente setzen und neue Themen aufgreifen.

Mit welchen Schwerpunkten geht Thorsten Schäfer-Gümbel in den Wahlkampf?

Die Themen und Inhalte der hessischen SPD sind und bleiben richtig, weil sie die realen Sorgen und Fragen der Bürgerinnen und Bürger aufgreifen. Dazu gehören vor allem die Bildungspolitik (Haus der Bildung und Abschaffung G8, keine Wiedereinführung von Studiengebühren), Gute Arbeit (Mindestlohn und Regulierung der Leiharbeit), ein neues soziales Netz für Hessen und das ernsthafte Vorantreiben der Energiewende.
Das wird ergänzt durch die aktuellen Fragen der Finanzmarktkrise und ihrer Auswirkungen auf die Realwirtschaft. Die zentrale Botschaft lautet: Krise braucht Gerechtigkeit. Die Sicherung und die Schaffung von Arbeitsplätzen in schwierigen Zeiten und der Schutz der Realwirtschaft, z. B. des Opelwerks in Rüsselsheim und der vielen Zulieferer. Die alten marktradikalen Rezepte, wie sie Koch immer vertreten hat, haben uns in die Situation gebracht. Thorsten Schäfer-Gümbel steht für eine zukunftsfähige und verantwortungsvolle Wirtschaftspolitik.

Kann der junge Thorsten Schäfer-Gümbel den alten Hasen Roland Koch schlagen?

Die SPD ist zur Erneuerung fähig, die CDU nicht. Der Wahlverlierer Koch erdreistet sich, noch einmal anzutreten, obwohl er 12 Prozent verloren hat. Roland Koch bemüht sich vor den Hessinnen und Hessen bereits um seine dritte Chance nach Schwarzgeldaffäre und Wahlniederlage. Er macht regelmäßig Wahlkampf auf dem Rücken von Minderheiten. Er steht für eine rückwärtsgewandte Politik in allen Politikbereichen. Von einer neoliberalen und marktradikalen Wirtschaftspolitik und der Abschaffung von Arbeitnehmerrechten bis zu einer Bildungspolitik der Auslese und der Studiengebühren. Man kann ihm nicht glauben. Wenn er jetzt sagt, dass er keine Studiengebühren einführen wird, dann muss man nur an seine Trickserei im Sommer erinnern, als der Landtag die Abschaffung der Studiengebühren beschlossen hat. Die hessische SPD und Thorsten Schäfer-Gümbel mussten und müssen ihr Programm nicht verändern. Es ist das Programm, das den Hessinnen und Hessen Sicherheit und Perspektive gibt. Damit werden wir auf die Menschen zugehen. Wir starten aus schwierigen Ausgangsbedingungen und es wird ein anstrengender Wahlkampf, aber die Gründe, warum Roland Koch im Januar abgewählt wurde, bestehen fort. Es geht um Bildungsgerechtigkeit, individuelle Förderung und langes gemeinsames Lernen gegen eine alte Bildungspolitik mit Auslese und G8. Es geht um Mindestlöhne, Arbeitnehmerrechte, Gute Arbeit und ein soziales Netz in Hessen gegen Niedriglöhne und Sozialabbau. Es geht um Arbeitsplatzsicherheit durch Zukunftsinvestitionen und eine kluge Wirtschaftspolitik gegen die alten Rezepte des Marktradikalismus und Turbo-Kapitalismus. Es geht um einen Neuanfang in Hessen.

Warum bleibt Andrea Ypsilanti Partei- und Fraktionsvorsitzende?

Thorsten Schäfer-Gümbel hat Andrea Ypsilanti gebeten an Bord zu bleiben und Andrea Ypsilanti ist keine Person, die die Partei und ihren Spitzenkandidaten im Stich lässt und einfach alles hinwirft.
Sie hält Thorsten Schäfer-Gümbel den Rücken frei und macht die Arbeit, die bei Partei- und Fraktionsvorsitz anfallen. Die Rollenverteilung ist klar: Thorsten Schäfer-Gümbel ist die Nummer 1.
Eine Neuwahl der Fraktionsspitze hätte in der Öffentlichkeit Unverständnis hervorgerufen, da die Fraktion am 18. November mit dem Landtag aufgelöst wurde, Thorsten Schäfer-Gümbel also nur für wenige Stunden gewählt worden wäre.

Was macht Hermann Scheer?

Hermann Scheer bleibt der hessischen SPD und Thorsten Schäfer-Gümbel als Berater und Freund eng verbunden und wird weiterhin in Hessen für die Energiewende werben und sich intensiv in den Wahlkampf einbringen. Er strebt aber kein Ministeramt an.

Wie bewertet die hessische SPD das Verhalten der vier Abgeordneten?

Die SPD in Hessen hat seit dem Sommer einen demokratischen und transparenten Entscheidungsprozess organisiert. Keine Entscheidung der SPD von grundlegender Bedeutung ist bisher so breit und beteiligungsorientiert vorbereitet worden, weder die Entscheidung für eine rot/grüne Koalition unter Börner noch die Abstimmung über die Agenda 2010. Einzelne Meinungen über Koalitionsfragen, Flughafenausbau oder Wirtschaftspolitik können in einer demokratischen Partei keine Mehrheitsentscheidung ersetzen. Die Begründungen für die Stimmverweigerung waren vielfältig. Sie reichten von inhaltlicher Kritik an Einzelfragen bis zur grundsätzlichen Frage einer Koalition mit der Linkspartei.
Wer eine Gewissensentscheidung trifft, verdient allen Respekt. Wer damit aber der Mehrheit seine Minderheitenmeinung aufzwingt hat nicht die notwendigen Konsequenzen gezogen, denn die Folgen einer Gewissensentscheidung dürfen die Entscheidung anderer nicht erzwingen. Sie haben ihre Mandate und auch ihre Direktmandate durch die Nominierung der Partei erhalten. Ihre Gewissensentscheidung hätten sie durch einen Mandatsverzicht nachkommen können, dagegen haben sie billigend die Beschädigung der SPD, die sich für einen anderen Weg entschieden hatte, in Kauf genommen.
Die vier Abgeordneten haben sich mit der Wahl des Zeitpunkts und der Inszenierung der Entscheidung gegen die SPD gestellt. Sie haben weder der Fraktion noch der Partei eine Chance zur Klärung und Aussprache vor der Entscheidung gegeben.

Wie geht die hessische SPD mit den vier Abgeordneten um?

Die SPD-Spitze blickt nach vorn, nicht zurück. Mehrere Ortsvereine haben allerdings Parteiordnungsverfahren beantragt. Für diese Verfahren gibt es klare unabänderliche rechtliche Regeln, sie sind weder politisch oder medial beeinflussbar. Solche Verfahren werden außerhalb der SPD als rechtsstaatlich bezeichnet. Wie vor einem normalen Gericht sind diese Verfahren ergebnisoffen.

Warum hat die hessische SPD nachdem sie es vorher ausgeschlossen hatte dann doch mit der Linkspartei zusammenarbeiten wollen?

Eine Zusammenarbeit grundsätzlich auszuschließen war ein Fehler. Die Aussage aus dem letzten Jahr geschah vor dem Hintergrund einer Linkspartei, die sich gerade erst gegründet hatte und mit dem Spitzenkandidaten Pit Metz (wir erinnern uns an seine Aussagen zum Schießbefehl) in den Landtagswahlkampf ziehen wollte. Wir waren und sind der festen Überzeugung, dass die Soziale Gerechtigkeit nur in der SPD eine wirkliche Heimat hat.
Nachdem Wahlergebnis, das ein Fünf-Parteien-System für Hessen brachte, hat die SPD versucht inhaltliche Gespräche mit der FDP zur Bildung einer Ampelkoalition zu führen, die ihr alle verweigert wurden. Dann hatte die SPD eine Entscheidung für Hessen zu treffen:
1.Eine Große Koalition unter Roland Koch. Dagegen sprach, dass das Wahlversprechen „Koch muss weg“ und die inhaltlichen Wahlversprechen (Haus der Bildung, Gute Arbeit, Energiewende) nicht gehalten werden konnten.
2.Koalitionsgespräche mit den Grünen zur Bildung einer Minderheitenregierung mit Unterstützung der Linkspartei. Dagegen sprach, dass das Wahlversprechen „Nicht mit den Linken“ nicht gehalten werden konnte. Allerdings hatten sich bei der Linkspartei und vor allem in der Fraktion der Linkspartei die Kräfte durchgesetzt, die eine klare Abgrenzung zu Willkürherrschaft und der ehemaligen DDR vorgenommen haben. Sie hat sich im Parlament zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit bekannt und einen von uns aufgestellten Kriterienkatalog erfüllt.

In der Abwägung hat sich die SPD dann für die inhaltlichen Wahlversprechen entschieden.