Mit Änderungsanträgen zum Landeshaushalt 2009 will die SPD-Landtagsfraktion zusätzliche Gelder für bessere Bildung, mehr soziale Gerechtigkeit und eine angemessene Förderung Erneuerbarer Energien bereitstellen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel und der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Norbert Schmitt stellten die Änderungsanträge am Mittwoch in Wiesbaden vor. "Der Haushalt 2009 steht unter dem Vorzeichen der Wirtschafts- und Finanzkrise. Aber trotzdem gibt es Gestaltungsspielräume, welche die Landesregierung ungenutzt lässt. Sie versteckt sich hinter der Krise. Aber auch in schwierigen Zeiten müssen Chancen genutzt werden, um die wichtigsten landespolitischen Themen voranzubringen", sagte Schäfer-Gümbel.
Insgesamt will die SPD damit rund 150 Millionen Euro bewegen. Zur Gegenfinanzierung schlägt sie dafür vor allem die Kürzung bei den sächlichen Ausgaben (Geschäftsbedarf, Verbrauchsmittel, Öffentlichkeitsarbeit, Verfügungsmittel, Büromaterialien und so genannte Verwaltungsmodernisierung) in Höhe von 71 Millionen Euro vor. Zudem will die SPD mit einer Kühlwasserabgabe für Großkraftwerke und einer geringen Grundwasserabgabe rund 65 Millionen Euro Mehreinnahmen erzielen. Umschichtungen in Höhe von rund 7 Millionen Euro im Bildungsetat und nahezu 10 Millionen Euro im Wirtschaftsetat und rund 3,5 Mio. durch die Abschaffung der zentralen Beschaffung vervollständigen das Änderungsvolumen der SPD.
Schwerpunkt Bildung
Ziel der Umschichtungen ist, im Bildungsbereich eine Stärkung der frühen Bildung durch eine intensivere Fortbildung der Erzieherinnen und Erzieher sowie durch eine bessere Kooperation zwischen den Kindertagesstätten und den Grundschulen zu erreichen. Dafür sollen 2,7 Mio. bereitgestellt werden. Für die Schuleingangsstufe will die SPD den hessischen Grundschulen für jede Gruppe eine halbe Stelle für Sozialpädagogen bereitstellen. Dafür werden 9,6 Mio benötigt. 2 Mio. Euro will die SPD für die Aufstockung von Betreuungsangeboten an Grundschulen umschichten und für den Ausbau echter Ganztagsschulen will sie 10 Mio. Euro im Haushalt 2009 enthalten sehen.
Für die individuelle Förderung von Schülern und Schülerinnen sollen 5 Mio. und für den Ausbau von Schulsozialarbeit 2,1 Mio. Euro umgeschichtet werden; 1,7 Mio. Euro sollen für die Selbstverantwortung der Schulen bereitgestellt werden. Zur Stärkung des gemeinsamen Unterrichts soll es 1,7 Mio. geben und die Mittel für Weiterbildung und lebensbegleitendes Lernen sollen um 1 Mio. Euro aufgestockt werden.
"All dies dient dem Ziel, unseren Schülerinnen und Schülern eine bessere Bildung zu garantieren, die mehr Chancengleichheit, mehr individuelle Förderung und bessere Ganztagsangebote bietet. Denn gerade im Schulbereich ist die Politik der Landesregierung vollkommen ohne Akzente. Keiner der notwendigen Schritte wird auch nur begonnen", so Schäfer-Gümbel.
Schwerpunkt Sozialpolitik
Ein weiterer Schwerpunkt für die SPD ist die Sozialpolitik. So soll ein Sozialbudget (Kosten für ein halbes Jahr: 15 Mio. Euro) eingeführt werden, das sozialen Initiativen, Frauenhäusern, Schuldnerberatung und anderen Einrichtungen verlässliche Unterstützung bietet, außerdem ambulante Hilfen für straffällig gewordene Jugendliche vorsieht.
Für Langzeitarbeitslose möchte die SPD ein Programm (als Ersatz für die 1-Euro-Jobs) auflegen und für Auszubildende aus insolventen Unternehmen weitere 1 Mio. Euro für ein Unterstützungsprogramm aufstocken.
Zusätzlich soll mit einer 1 Mio. Euro die Soziale Wohnraumförderung verbessert werden.
Schwerpunkt Energiewende
Um den Klimawandel ernsthaft anzugehen, müssten jetzt erste Schritte eingeleitet werden. "Die zaghaften Versuche einer Energiewende durch die Landesregierung sind reine Alibiaktionen. Unser Gesetzentwurf zum Vorrang Erneuerbarer Energien hätte tatsächlich wirksame Veränderungen zur Folge. Vom Abbau von Investitionshemmnissen über die erleichterte Umsetzung bis hin zur Förderung von Maßnahmen reicht hier das Spektrum. Der Entwurf ist derzeit in der Diskussionsphase, wir werden dazu am 15. Juni eine Fraktionsanhörung durchführen." Die geringe Mittelausstattung für Erneuerbare Energien und begleitende Maßnahmen im Haushalt 2009 betrachte Schäfer-Gümbel als Beleg für die gewollte Untätigkeit auf diesem Gebiet. "Wir wollen deshalb für die Unterstützung beim Einsatz Erneuerbarer Energien 27,5 Millionen Euro umschichten; davon 15 Mio. für die Förderung Erneuerbarer Energien, die Verbesserung der Energieeffizienz und die Technologieförderung. Der Haushaltstitel Klimaschutz soll um 7,5 Mio. für die Energieberatung, die Einrichtung eines Landeskatasters und die Erstellung konzeptioneller Grundlagen aufgestockt werden und weitere 5 Mio. sollen der energetischen und stofflichen Nutzung von Biorohstoffen zur Verfügung stehen."
Zur Unterstützung der hessischen Milchbauern in schwieriger Zeit soll ein Sonderprogramm zum Milchquotenaufkauf und für Zinsbeihilfen eingerichtet werden. "Hier können wir mit 1 Million Euro schon einiges bewirken."
Für die Innere Sicherheit will die SPD endlich der Personalmisere bei der Polizei mit 71 zusätzlichen Polizeianwärterstellen entgegenwirken und die Bekämpfung der Jugendkriminalität mit 6 neuen Stellen für Jugendrichter sowie 6 zusätzlichen Jugendstaatsanwaltstellen intensivieren. Zudem soll im Erwachsenenstrafvollzug mit 30 Stellen für den allgemeinen Vollzugsdienst wieder die für einen ordnungsgemäßen Vollzugsablauf erforderliche Personalstärke aufgebaut werden, die durch die "Operation düstere Zukunft" massiv geschwächt wurde.
Mehr Steuergerechtigkeit
"Ein sehr sensibles Thema ist die Steuergerechtigkeit. Wir fordern seit Jahren eine personelle Aufstockung der Finanzverwaltung, weil mit einer verstärkten Steuerprüfung nicht nur die Einnahmeseite des Landeshaushaltes verbessert wird, sondern auch Steuerhinterziehung und Steuerverkürzung bekämpft werden", so Norbert Schmitt. Dafür will die Fraktion 35 neue Stellen für Finanzanwärter beantragen. Als Gegenleistung sollen 48,5 Stellen, um die die Staatskanzlei seit 1999 aufgebläht wurde, gestrichen werden. "Mit solchen, als ‚künftig wegfallend‘ ausgewiesenen Stellen kann man locker alle von uns beantragten zusätzlichen Polizei- und Finanzanwärterstellen bezahlen."
Mit weiteren Änderungsanträgen will die SPD die Situation an den Hessischen Universitäten und Fachhochschulen verbessern. So soll die Evangelische Fachhochschule in Darmstadt 400.000 Euro zusätzlich erhalten, um dort ebenfalls keine Studiengebühren erheben zu müssen, der Technologietransfer soll um 4 Mio. erhöht werden. Im Rahmen von LOEWE soll eine Förderung der angewandten Wissenschaft mit 7 Mio. eingesetzt werden und eine gerechtere Finanzierung der Ingenieurwissenschaften in Hessen um zusätzliche 2 Mio. Euro. Für die Filmförderung will die SPD die zur Verfügung stehenden Mittel um 7,5 Mio. Euro ausweiten. Zudem soll ein Programm "Kultur für alle" in Höhe von 1,8 Mio. Euro aufgelegt werden. Daraus sollen privatrechtliche geführte Museen, Kunstvereine, Kinder- und Jugendtheater, Freie Kulturinitiativen und soziokulturelle Zentren und Musikschulen, Musikvereine und Chöre gefördert werden.
Weitere Anträge sehen die Finanzierung eines Generalverkehrsplans vor, der mit ca. 1 Mio. Euro zu beziffern ist, die bessere Förderung der Entwicklungszusammenarbeit mit 210.000 Euro sowie die Förderung des ländlichen Raums, insbesondere durch eine bessere Breitbandversorgung. Hierzu sollen 2,3 Mio. Euro zusätzlich in den Landeshaushalt eingestellt werden.