Landesregierung ist in der Pflicht, jetzt zum Mediationsergebnis zurückzukehren

Portraitfoto von Thorsten Schäfer-Gümbel c) C. Jaenicke

Einen „Kurswechsel der Landesregierung beim Thema Nachtflugverbot“ fordert der Vorsitzende der hessischen SPD-Landtagsfraktion Thorsten Schäfer-Gümbel als politische Konsequenz aus dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs zum Ausbau des Frankfurter Flughafens. „Wir begrüßen diese Entscheidung, weil sie grünes Licht für den Ausbau gibt und die Rückkehr zum Mediationsergebnis verlangt.“

„Die Erteilung von Nachtfluglizenzen aufgrund einer angeblich zwingenden Rechtslage war versuchter Betrug an den Lärm geplagten Anwohnern im Umland des Flughafens. Dieser versuchte Betrug ist jetzt aufgeflogen und die Landesregierung muss dieses Urteil anerkennen“, sagte Schäfer-Gümbel am Montag in Wiesbaden.

„Es geht beides zusammen: Ausbau und Nachtflugverbot. Diese Position haben wir durchgängig vertreten – als einzige politische Kraft im Landtag – und wir freuen uns über diese Bestätigung durch das höchste hessische Verwaltungsgericht.“

Die SPD-Fraktion halte drei Konsequenzen aus dem Flughafenurteil für erforderlich:

1. Den Verzicht des Landes auf die Revision beim Bundesverwaltungsgericht und umgehende Vorbereitungen zur so genannten Planergänzung hinsichtlich des Nachflugverbots.

2. Die Wiederaufnahme des Dialogs mit den Kommunen rund um den Flughafen mit dem Angebot, das Urteil hinsichtlich des Nachtflugverbots zügig umzusetzen.

3. Aufnahme von Gesprächen mit der Landesregierung von Rheinland-Pfalz, um die ursprünglich geplante Partnerschaft der Flughäfen Frankfurt-Rhein-Main und Frankfurt-Hahn zur Abwicklung von Nachtflügen zu realisieren.

Schäfer-Gümbel begründete diese Forderungen damit, dass jetzt die „Stunde der Politik und nicht der Gerichte“ sei. „Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat sein Urteil gesprochen und niemand zwingt die Landesregierung, in Revision zu gehen. Wenn sie das tun will, ist das keine juristische, sondern eine politische Entscheidung. Sie wäre der letzte Beleg dafür, dass die Landesregierung das Nachtflugverbot nicht will, sondern die Menschen ein Jahrzehnt lang an der Nase herum geführt hat.“

Verräterisch sei die Aussage von Roland Koch, beim Nachtflugverbot handele es sich um eine Detailfrage. „Früher hieß es: Kein Ausbau ohne Nachtflugverbot und kein Nachtflugverbot ohne Ausbau. Heute heißt es Detailfrage. Das ist ein empörender Bruch des in einem langen Prozess aufgebauten Vertrauens.“ Im Übrigen sei die Position des Verwaltungsgerichtshofs keineswegs eine exotische Minderheitsmeinung, wie CDU und FDP glauben machen wollten. „Schon bei der Landtagsanhörung im Februar 2007 haben viele Juristen bekräftigt, dass es rechtssicher machbar ist, Ausbau und Nachtflugverbot zu verbinden.“

Selbstverständlich könne die Landesregierung ihren Teil dazu beitragen, dass das VGH-Urteil rechtskräftig werde, und die Auflagen des Gerichts umsetzen. „Es bleibt dabei: Das Mediationsergebnis hat die Balance zwischen wirtschaftlichen Chancen des Flughafenausbaus und der Belastung der Menschen gewahrt. Es ist sehr bedauerlich, dass sich nur noch die SPD als Hüter der Mediation versteht, während CDU und FDP mutwillig den Konsens verlassen haben.“

Wenn die Landesregierung in Revision gehe, vertrete sie dort nicht mehr die Interessen des Landes, seiner Bürger und der Kommunen, sondern offenkundig nur noch die Interessen der Luftfahrtgesellschaften – die selber nicht in Revision gehen könnten.

Nachdem der Bruch des Mediationsergebnisses eine Kampfansage an die Anliegerkommunen gewesen sei, biete das VGH-Urteil jetzt die Chance, wieder zusammenzurücken und einen ernst gemeinten Dialog mit den Anliegerkommunen aufzunehmen. „Dem Juristen Koch rufe ich zu: Wenn Du ein totes Pferd reitest, so rate ich Dir: Steig ab!“, so Schäfer-Gümbel.

Mit dem Urteil des VGH kehre auch die Frage der Kooperation zwischen den Flughäfen Frankfurt-Rhein-Main und Frankfurt-Hahn zurück auf die Tagesordnung. „Es wird Zeit, endlich ernsthaft zu prüfen, welche Teile des bisherigen Nachtflugverkehrs auf den Hahn verlegt werden können“, sagte Schäfer-Gümbel. Die Landesregierung sei aufgefordert, darüber jetzt mit den rheinland-pfälzischen Nachbarn ins Gespräch zu kommen.