SPD will hessische Schulen aus Mittelfeld herausführen – Zwölf Maßnahmen

Der Landesvorstand der hessischen SPD hat sich ausführlich mit dem Stand der Dinge an Hessens Schulen nach zehn Jahren Roland Koch beschäftigt und ein Maßnahmenpaket beschlossen, um die Bildungsmisere in Hessen zu bekämpfen und die Schulen aus dem Mittelfeld – im Vergleich der Bundesländer – herauszuführen. Wir dokumentieren den Beschluss im Rahmen unserer Landesaktionswoche Bildungsgerechtigkeit vom 24. bis 29. August nachfolgend: Aktion „Bildungsgerechtigkeit Hoch2“

Nach 10 Jahren Bildungspolitik von Roland Koch steckt die Entwicklung der Schulen in einer Sackgasse. Trotz größter Anstrengungen der Schulen, der Lehrkräfte, der Schülerinnen und Schüler sowie der Eltern kommt das hessische Schulsystem aus dem Mittelfeld nicht heraus. Und bereits ein halbes Jahr nach dem Start der Koalition von CDU und FDP in Hessen steht fest: die alte Bildungspolitik der Regierung Koch/Wolff geht weiter, Lehren wurden nicht gezogen. Allerdings erweist sich die neue Kultusministerin Dorothea Henzler als weitaus dilettantischer in der Amtsführung als dies selbst Skeptiker erwartet haben. Es ist höchste Zeit! Bildungspolitik in Hessen muss umsteuern! Auf der Grundlage des „Hauses der Bildung“ hat die SPD daher aktuelle Maßnahmen entwickelt, die in der derzeitigen Situation einerseits kurzfristig Probleme in den Bildungseinrichtungen abstellen, andererseits aber auch Perspektiven geben. Die Maßnahmen sind damit Wegweiser zu einem modernen, sozial gerechten und durchlässigen Bildungssystem.

Aktion „Bildungsgerechtigkeit Hoch2“

Die SPD strebt Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit an. Dies steht für uns im Mittelpunkt unserer Politik. Wir wollen eine Stärkung der frühkindlichen Bildung in Kindertageseinrichtung und Grundschule, wir wollen echte Ganztagsschulen, längeres gemeinsames Lernen, eine bessere Aus- und Fortbildung von Lehrerinnen und Lehrern und gute Hochschulen.

Die SPD will:

· alle Begabungen aller Kinder optimal fördern,
· bessere Leistungen durch kleinere Klassen,
· Kindern die Zeit geben, die sie zum Lernen brauchen,
· längeres gemeinsames Lernen für alle Kinder anbieten,
· wohnortnahe Bildung und Betreuung,
· mehr Bildungsgerechtigkeit für alle Kinder unabhängig vom sozialen Status,
· dass alle Kinder einen Schulabschluss erreichen (Kein Kind wird zurückgelassen!),
· dass alle weiterführenden Schulen eine gemeinsame Sekundarstufe I einführen können,
· Querversetzung und Sitzen bleiben abschaffen,
· eine Reform des Schulsystems mit längerem gemeinsamen Lernen in der Sekundarstufe I, die auf Zustimmung der Beteiligten aufbaut statt auf staatlichem Zwang,
· Fort- und Weiterbildung stärken,
· dass jede/r Jugendliche eine qualifizierte Berufsausbildung erhält.

Hierfür schlägt die SPD mit der Aktion „Bildungsgerechtigkeit Hoch2“ ein Maßnahmenpaket vor, das zwölf Punkte umfasst.

1. Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsplans: Wir fordern den Abschluss einer Rahmenvereinbarung zwischen der Landesregierung und den kommunalen Spitzenverbänden zur Umsetzung des Plans.

2. Kooperation braucht Zeit: Wir fordern die Bereitstellung zusätzlicher Mittel für die Kooperation zwischen Kindertageseinrichtungen und Grundschulen. Jede Grundschule soll für diese Kooperation eine zusätzliche Deputatsstunde pro kooperierender Kindertageseinrichtung, die Kindertageseinrichtungen sollen zusätzliche Mittel über den Kommunalen Finanzausgleich erhalten.

3. Schuleingangsstufe ausbauen: Um den Übergang zwischen Kindertageseinrichtung und Grundschule möglichst bruchlos zu gestalten, wollen wir die Schuleingangsstufe in Hessen zur Regel machen. Wir fordern die Bereitstellung von zusätzlichen Mitteln zur Einführung von Schuleingangsstufen an den Grundschulen.

4. Klassengrößen runter: Ferner fordern wir die zügig und vollständige Abschaffung der Sternchenregelungen und dann die weitere schrittweise Absenkung der Klassengrößen in der Grundschule.

5. Ganztagsschulen ausbauen: Mit dem Investitionsprogramm Zukunft Bildung und Betreuung der rot/grünen Bundesregierung hat die bauliche Ausstattung der Schulen, insbesondere die Versorgung mit Mensen, in den letzten Jahren einen Quantensprung gemacht. Nun allerdings gilt es, die Gebäudehüllen mit Leben zu füllen – und dabei ist das Land in der Verantwortung. Sträflich vernachlässigte die Regierung Koch in den letzten 10 Jahren den Ausbau von Ganztagsschulen, lediglich die pädagogische Mittagsbetreuung wurde verstärkt. Für die Einrichtung echter Ganztagsschulen müssen zusätzliche finanzielle Ressourcen (Personal und Mittel) bereitgestellt werden. Jedes Kind soll wohnortnah eine Ganztagsschule besuchen können. Wir fordern dazu ein kostenloses Schulmittagessen für alle Kinder – gesund und aus der Region.

6. Gemeinsam statt einsam: Das selektive, vielgliedrige Schulsystem in Hessen und Deutschland hat sich nicht bewährt. Selektion und Ausgrenzung führt zu Qualitätsverlusten und letztendlich zum Abbau von Bildungschancen. Deswegen müssen wir umsteuern und auf Integration und Inklusion setzen. Wir fordern daher den Ausbau des gemeinsamen Unterrichts von behinderten und nicht-behinderten Kindern sowie den weitgehenden Verzicht auf Förderschulen. Stattdessen sollen die Kinder gemeinsam Lernen.

7. Mehr Chancen durch Vielfalt: In die Forderung nach dem längeren gemeinsamen Lernen schließen wir als SPD alle Schulen in der Sekundarstufe I mit ein. Die PISA-Sieger-Länder belegen, dass dies das leistungsfähigere Schulsystem ist. Schulen, die sich dem Lernen in heterogenen Lerngruppen verpflichten, müssen für die zusätzlichen Aufgaben natürlich eine zusätzliche Ressourcenzuweisung erhalten. Wir setzen dabei nicht auf Zwang sondern auf Freiwilligkeit. Jeder Schule kann, keine muss sich den Prinzipien des gemeinsamen Lernens verpflichten.

8. Berufliche Schulen zu professionellen Ausbildungsschulen entwickeln: Wir wollen, dass vollschulische Ausbildungsgänge nach BBiG und nach Landesrecht angeboten werden, wenn kein auswahlfähiges Ausbildungsangebot für alle Jugendlichen gegeben ist. Hierfür sollen auch Mittel der Bundesagentur für Arbeit einbezogen werden. Die beruflichen Schulen arbeiten zur Erfüllung dieses Bildungsauftrags mit außerbetrieblichen Einrichtungen und privaten Bildungsträgern sowie der Volkshochschule zusammen.

9. Fort- und Weiterbildung als öffentliche Aufgabe gestalten: Die Institutionalisierung von lebensbegleitendem Lernen erfordert den Ausbau der beruflichen Aus-, Fort- und Weiterbildung zu einem System mit staatlichen Regelungen für Anerkennungen und Berechtigungen von Abschlüssen am Weiterbildungsmarkt und die Konzeptionierung eines modularen Systems, das sich sowohl an dem Berufsprinzip als auch an Anforderungen der Hochschulen mit einem hohen Maß an Durchlässigkeit orientiert und unterstützt wird durch eine Berufswegebegleitung für Erwachsene. Der hohe Stellenwert der beruflichen Fort- und Weiterbildung als öffentliche Aufgabe und die Stärkung der Fort- und Weiterbildung als vierte Säule des Bildungssystems muss durch entsprechende Regelungen mit starkem Gewicht für die beruflichen Schulen und die Volkshochschulen festgeschrieben werden.

10. Studieren bleib kostenlos, aber nicht umsonst: Der Zugang zu hessischen Hochschulen muss weiterhin gebührenfrei bleiben. Allein die Qualifikation, nicht der Geldbeutel soll in Hessen darüber entscheiden, wer ein Studium aufnehmen kann.

11. Mehr Geld für die Hochschulen: In den kommenden Monaten wird der Hochschulpakt, in dem sich das Land mit den Hochschulen über die finanziellen Rahmenbedingungen für die Hochschulen in den nächsten Jahren verständigt, neu verhandelt. Verantwortlich für die Hochschulen bleibt der Staat. Die Unterfinanzierung der hessischen Hochschulen muss durch gezielte Prioritätensetzungen beendet werden. Wir unterstützen darüber hinaus den Plan von Frank-Walter Steinmeier, die Hochschulfinanzierung deutschlandweit auf ein wettbewerbliches Anreizsystem nach dem Prinzip „Geld folgt den Studierenden“ umzustellen, um einen positiven Wettbewerb der Länder um die Studierwilligen zu erreichen. Wir halten an dem Ziel fest, die Zahl der Studienplätze zu erhöhen.

12. Änderung der Hessischen Verfassung: Nach dem Urteil des Hessischen Staatsgerichtshofs zu den Studiengebühren besteht Anlass, das Verbot von Studiengebühren in der Hessischen Verfassung im Sinne der Verfassungsväter und –mütter noch deutlicher zu formulieren und damit den vom Staatsgerichtshof genutzten Interpretationsspielraum zu beseitigen. Die SPD fordert eine entsprechende Klarstellung in der Hessischen Verfassung, um auch künftigen Regierungen keine Rückkehr zu Studiengebühren zu ermöglichen.