Ein Hauch von Florida

Die Ankündigung der CDU-Bundesvorsitzenden Angela Merkel, gegebenenfalls mit Überhangmandaten eine schwarz-gelbe Regierungsmehrheit zu bilden, ist beim hessischen SPD-Landesvorsitzenden Thorsten Schäfer-Gümbel auf scharfe Kritik gestoßen. „Es gibt keine gesellschaftliche Mehrheit für Schwarz-Gelb, aber Frau Merkel würde keine Sekunde zögern, diese fehlende Mehrheit mit Hilfe verfassungswidriger Überhangmandate zu realisieren. Da weht ein Hauch von Florida durch Deutschland“, sagte Schäfer-Gümbel in Erinnerung an die US-Präsidentenwahl im Jahr 2000, die Georg W. Bush trotz Unregelmäßigkeiten bei der Stimmauszählung das Amt sicherte.

Das bundesdeutsche Wahlrecht kennt bei der Bundestagswahl zwei Stimmen. Mit der Erststimme wird der Direktkandidat im Wahlkreis bestimmt, mit der Zweitstimme die Sitzverteilung der Parteien im Deutschen Bundestag – und damit die Mehrheitsverhältnisse, die Regierungsbildungen möglich oder unmöglich machen. Gewinnt eine Partei mehr Sitze direkt als ihr über die Zweitstimme im Parlament zustehen, so entstehen Überhangmandate, die das Kräfteverhältnis im Parlament verschieben. Dies könnte bei der diesjährigen Bundestagswahl am 27. September – so sagen Fachleute – der CDU nutzen und so eine schwarz-gelbe Mehrheit möglich machen

Offensichtlich sei der Wille, sich mögliche Überhangmandate zu sichern, der Grund dafür gewesen, eine Reform der vom Bundesverfassungsgericht verworfenen Regelung bislang zu verweigern. „Es wäre eine Frage des politischen Anstands gewesen, schon zu dieser Bundestagswahl die Regelung zu ändern, auch wenn das Bundesverfassungsgericht eine längere Frist gesetzt hat. „Gegen Merkels Spiele mit dem Wahlrecht hilft nur eines: Erst- und Zweitstimme für die SPD, das stoppt Schwarz-Gelb.“