Die Kraft und das Potenzial der Partei nutzen

Portrait von Gernot Grumbach

Gernot Grumbach, Vorsitzender der SPD im Bezirk Hessen-Süd und stellv. Landesvorsitzener, im Interview über den Parteitag in Dresden, Sigmar Gabriel und die Beteiligung der Mitglieder.

Sozialdemokrat: Was waren die wichtigsten Beschlüsse?
Gernot Grumbach: Das Wichtigste beim Parteitag waren nicht die Beschlüsse.

Sozialdemokrat: Sondern?
Grumbach: Etwas Grundsätzliches, nämlich eine bessere Diskussionskultur. Es gab eine sehr offene und konstruktive Diskussion ohne Denkverbote. Die SPD hat gemerkt, dass sie die Kraft ihrer Mitglieder nutzen kann und wird sie mehr beteiligen.

Sozialdemokrat: Hinter der SPD liegen schwere Wahlniederlagen.
Grumbach: Die Niederlage bei der Bundestagswahl war letztendlich nicht überraschend. Unser Problem ist, das wir für viele Wählerinnen und Wähler nicht mehr glaubwürdig waren, obwohl in unserem Programm viele gute Ansätze für mehr soziale Gerechtigkeit stehen. Aber die Menschen merken, wenn Taten und Worte nicht mehr zueinanderpassen. Mit der Rente für 67 und manchen Regelungen bei den Hartz-Gesetzen haben wir deren Gerechtigkeitsempfinden verletzt.

Sozialdemokrat: Werden Wahlergebnisse durch eine bessere Diskussionskultur besser?
Grumbach: Nein, aber wenn unsere politischen Inhalte aus der Mitte unserer Partei kommen, wenn wir uns mit anderen gesellschaftlichen Gruppen besser vernetzen, wenn die Inhalte aus der Breite der Gesellschaft kommen – dann werden unsere Wahlergebnisse wieder besser. Davon bin ich überzeugt.

Sozialdemokrat: Was heißt, die Mitglieder mehr beteiligen?
Grumbach: Mehr innerparteiliche Demokratie zu wagen. Auch Ortsvereine sollen Grundfragen diskutieren und sich einbringen. Sie sollen überlegen, wie zum Beispiel die Zukunft der Rentenversicherung aussehen soll. Da müssen wir die Kraft und das Potenzial unserer Mitglieder nutzen. Das heißt aber auch, auf alle kommt Arbeit zu …

Sozialdemokrat: Ist Sigmar Gabriel eine gute Wahl?
Grumbach: Sigmar Gabriel hat eine überzeugende Rede gehalten und ein sehr überzeugendes Ergebnis bekommen. Er hat die Grundstimmung in der Partei sehr gut getroffen. Ich habe mir seine Rede aufgehoben und werde ihn an seinen Aussagen messen. Aber wir sollten uns in Personalfragen nicht nur auf Wenige konzentrieren. Wir haben insgesamt einen sehr guten Vorstand (lacht) …

Sozialdemokrat: … in dem Hessen gut vertreten ist. Wie hat der Parteitag Franz Müntefering verabschiedet?
Grumbach: Es war ein anständiger Abschied von und für Franz Müntefering. An Kurt Beck hat die Partei Wiedergutmachung betrieben, das war uns sehr wichtig. Er selbst hat sich sehr fair verhalten, das habe ich bewundert. Besonders gefreut hat mich der warme Applaus für Andrea Ypsilanti, als sie aus dem Vorstand verabschiedet wurde.

Sozialdemokrat: Zum Ende des Parteitags haben die Delegierten sich für die Einführung einer Vermögenssteuer ausgesprochen? Rückt die SPD damit nach links?
Grumbach: Nein, die SPD ist nicht nach links gerückt. Sie sagt jetzt nur selbstbewusster und deutlich, was sie will. In den Anträgen und der Debatte war der Bezirk Hessen-Süd Impulsgeber für mehr soziale Gerechtigkeit. Das war in der Vergangenheit oft so und wird auch in Zukunft so sein.

Sozialdemokrat: Mit welchen Themen kommt die SPD wieder auf die Beine?
Grumbach: Indem sie nicht nur auf der Suche nach sich selbst ist. Wir wollen eine Weiterentwicklung der sozialen Sicherungssysteme mit der Rentenfrage und Arbeitsmarktreformen, eine bessere Bildung und ökologische Verantwortung. Offen ist auch die Frage, wie ein gerechtes Steuersystem der Zukunft aussieht. Das werden wir jetzt intensiv diskutieren und entwickeln.

Weiterführende Links
Mitdiskutieren auf die-neue-spd.de
Fotos der hessischen Delegation im flickr-Fotoalbum
Alle Beschlüsse, Reden, etc. auf spd.de

Aus: "Der Sozialdemokrat/Vorwärts", Ausgabe Dezember 2009

[os, 18.11.]