
Vor dem Landesparteirat am 20. Februar in Gießen spricht Generalsekretär Michael Roth über Arbeitsmarktreformen, eine selbstbewusste Opposition und blickt auf das Jahr 2010.
Vorwärts Hessen: Was will die SPD mit dem Papier Arbeit und Gerechtigkeit?
Michael Roth: Die Hessen-SPD soll wieder eine Ideenwerkstatt werden. Mit der Diskussion um eine sozialdemokratische Wirtschaftspolitik und die Zukunft der Arbeitsgesellschaft sind wir auf der Höhe der Zeit. Erfolgreiche Konzepte wie die Bürgerversicherung, das Haus der Bildung oder die Energiewende wurden maßgeblich von uns entwickelt. An diese gute Tradition wollen wir mit unserem Papier anknüpfen. Es ist allerdings kein Diskussionsabschluss, sondern eine Einladung an alle, sich aktiv einzubringen.
Vorwärts: Ist damit die Agenda 2010 am Ende?
Michael Roth: Die ist doch nicht in Stein gemeißelt, hat selbst Gerhard Schröder gesagt. Arbeitswelt und der Arbeitsmarkt verändern sich rasant. Wir haben noch keine zureichenden Antworten auf alle Probleme gefunden, aber mit unserem Impulspapier einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung geleistet.
Vorwärts:
und sind nach links gerückt?
Michael Roth: Wir rücken näher an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, deren Angst vor einem sozialen Abstieg in den letzten Jahren massiv zugenommen hat. Ein notwendiger Schritt in die richtige Richtung.
Vorwärts: Du bist jetzt ein Jahr Generalsekretär. Welche Ziele hast du dieses Jahr?
Michael Roth: Das vergangene Jahr war geprägt davon, verlässliche Arbeitsstrukturen zu schaffen und neues Vertrauen wachsen zu lassen. In diesem Jahr werden wir weiter unser Profil als kämpferische, ideenreiche und selbstbewusste Opposition schärfen. Nach den Arbeitsmarkt- und Sozialstaatsreformen stehen beispielsweise die Zukunft des ländlichen Raums und der Metropolen im Mittelpunkt unserer Diskussionen. Alles muss in einen engagierten Kommunalwahlkampf münden. Die Erwartungshaltung der Basis an den Landesverband ist immens. Das lässt sich nur in guter Zusammenarbeit mit den Bezirken und Unterbezirken stemmen. Und weiterhin gilt: Ich will Mut- und Muntermacher unserer Partei sein.
Vorwärts: Du bist Bundestagsabgeordneter. Wie ist die Stimmung in den ersten Monaten Opposition?
Michael Roth: Nach dieser dramatischen Niederlage sind wir in der Opposition noch nicht ganz angekommen. Wir müssen unseren Oppositionsauftrag bewusst und offensiv annehmen. Wir werden nicht alleine wegen der Schwäche von Schwarz-gelb wieder stark. Unser hessischer Weg war hier nicht schlecht: Kritisch bilanzieren, aus Fehlern lernen, Vertrauen wachsen lassen, durch überzeugende Inhalte in die Offensive kommen. So können wir Frau Merkel und ihrer Gurkentruppe selbstbewusst die Grenzen aufzeigen.
Vorwärts: Was kann jeder vor Ort tun, damit es wieder aufwärtsgeht?
Michael Roth: Unsere Mitglieder müssen sich wieder stolz zur Sozialdemokratie bekennen, in Vereinen, dem Bekanntenkreis oder am Arbeitsplatz. Unsere Kommunalpolitiker sind Botschafter vor Ort. Jeder kann hier mithelfen. Nicht nur ein gutes Programm entscheidet, sondern die Nähe zu den Menschen. Die Direktwahlerfolge der vergangenen Monate, jüngst mit Thomas Will in Groß-Gerau, zeigen: wir sind kommunal sehr gut aufgestellt.
Aus "Vorwärts Hessen", Ausgabe März 2010