
Die Nominierung von Innenminister Volker Bouffier für die Nachfolge des bisherigen Ministerpräsidenten Roland Koch stellt nach Ansicht der SPD-Landtagsfraktion "keinen Neuanfang" dar. "Herr Bouffier hat sich den Ruf als Skandalminister Nummer 1 erworben, seine Berufung bedeutet die Fortsetzung der rückwärts gewandten Machtpolitik der hessischen CDU", sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel am Mittwoch in Wiesbaden.
Die Nominierung Bouffiers stelle keine Antwort auf die inhaltlichen Herausforderungen dar, denen die Landespolitik gegenüberstehe. "Herr Bouffier ist bislang an keiner Stelle als innovativer Gestalter erkennbar geworden. Mit seinem Namen verbindet sich keinerlei politische Perspektive, weder bei der Finanzpolitik, noch in der Bildungspolitik, bei der Energiewende oder der Sozialpolitik. Seine Ambitionen sind nicht inhaltlich, sondern machtpolitisch."
Was Bouffier antreibe, habe dieser gegenüber dem Koch-Biographen Hajo Schumacher in großer Offenheit bekundet. Dieser zitiert Volker Bouffier im Zusammenhang mit der legendären "Tankstelle" mit den Worten: "Wir wollten das Land erobern. Das hielt uns zusammen und trieb uns an." (Schumacher S. 65).
Die Amtszeit von Innenminister Bouffier sei "alles andere als glanzvoll gewesen", so Schäfer-Gümbel. Bouffier sei bereits zu Beginn seiner Amtszeit durch die strafrechtlichen Ermittlungen wegen Parteiverrats, die schließlich mit einer so genannten Geldauflage von 8000 DM endeten, und die erfundene Geschichte von der "Mafia-Katze" angeschlagen gewesen. Minister Bouffier habe sich in diesem Zusammenhang dem ersten Untersuchungsausschuss (UNA 15/1) stellen müssen.
Bouffier habe sich als Vollstrecker der "Personalpolitik nach Gutsherrenart" einen nachhaltig schlechten Ruf bei den Beschäftigten des Landes erworben. "Der Ausstieg aus dem Tarifvertrag, die Sonderopfer für die Beamtinnen und Beamten, aber auch das schlechte Arbeitsklima in weiten Teilen der hessischen Polizei und der Personalabbau sind untrennbar mit dem Namen Bouffier verbunden."
Inzwischen müsse sich Minister Bouffier wegen der offensichtlich rechtswidrigen Berufung eines Parteifreunds zum Präsidenten der Breitschaftspolizei erneut einem Untersuchungsausschuss stellen. "Herrn Bouffier mitten im laufenden Untersuchungsausschuss für das höchste Staatsamt Hessens zu nominieren, ist schon von besonderer Kühnheit und zeigt, dass die CDU nichts dazu gelernt hat."
Schäfer-Gümbel erinnerte an zwei weitere Untersuchungsausschüsse, in denen Bouffier eine zentrale Rolle gespielt habe. Zum einen an den Untersuchungsausschuss zu Korruptionsvorwürfen gegen Mitarbeiter des Polizeipräsidiums für Technik, Logistik und Verwaltung (UNA 16/2) und zum anderen der Untersuchungsausschuss zur so genannten Stimmenkaufaffäre. (UNA 16/3)
Politisch habe Innenminister Bouffier in elf Jahren wenig bewegt. "Er steht beim Ausländerrecht als Hardliner da, war als Kommunalminister nie ein Verbündeter der Kommunen, sondern hat die Kommunalfeindlichkeit der Landesregierung vertreten, hat teilweise verfassungswidrige Verschärfungen des Polizeirechts zu verantworten und sorgte beim Datenschutz für völligen Stillstand."
Schäfer-Gümbel bekräftigte seine Einschätzung, dass der Nachfolger von Roland Koch in erster Linie ein "Konkursverwalter" sei, der vor einem Scherbenhaufen stehe, den ihm sein Vorgänger hinterlasse.
"Herr Koch hat nichts zu Ende gebracht", so der SPD-Fraktionsvorsitzende. "Was von Herrn Koch bleibt, ist in erster Linie ein riesiger Schuldenberg. Und keiner in der amtierenden Koalition hat auch nur den Hauch einer Vorstellung, wie dieser abgetragen werden kann."
Nach elf Jahren Koch falle dessen Bilanz durchweg negativ aus. Als Beispiele nannte Schäfer-Gümbel den Stillstand in der Bildungspolitik und damit die Zementierung der sozialen Auslese, die Schlusslicht-Position Hessens beim Ausbau Erneuerbarer Energien und den Wortbruch beim Nachtflugverbot.