
Generalsekretär Michael Roth hat Roland Koch zum Abschied einen Brief geschrieben und ihn an die letzten Jahre erinnert. Mit Volker Bouffier dürfte es auch in Zukunft für eine wöchentliche Kolummne wie "Koch der Woche" noch reichlich Stoff geben.
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
lieber Herr Koch,
ob Sie den freitäglichen "Koch der Woche" zur Kenntnis genommen haben, weiß ich nicht. Ihr Generalsekretär hingegen schon. Das hat mir mein Kollege selbst gesagt. Er hat sich über die Kolumne ziemlich aufgeregt. Das gefällt mir!
Ich gebe zu, dass Sie es mir immer recht einfach gemacht haben. So richtig gut gelaufen ist es bei Ihnen in den vergangenen Jahren ja nun wirklich nicht. Das dürften Sie selbst zugeben. Die Hessen-CDU als Kampfverband gibt es noch. Aber man sucht bei Ihnen zwischenzeitlich seine Gegner nicht mehr nur außerhalb, sondern gerne auch mal innerhalb der CDU. Vier Landtagsabgeordnete haben Ihnen bei Ihrer Wiederwahl die Gefolgschaft verweigert. Das hat Ihre Kampftruppe so in Verdruss gebracht, dass Ihrem Landtagspräsidenten nichts anderes einfiel, als den Abtrünnigen die Fähigkeit abzusprechen, Stimmkarten richtig "lochen" zu können.
Um Ausreden waren Sie ja nie verlegen. Wenn es in Hessen schief lief, war im Zweifelsfall immer die böse SPD an allem Schuld. Wir sind zwar seit 1999 in der Opposition – leider, aber dass es mit den versprochenen Autobahnen nicht weitergeht, ist Ihres Erachtens auf das Konto der bösen Sozis zu buchen.
Der Trick, sich als Spar-Rambo zu präsentieren, um vom eigenen Schuldendesaster abzulenken, verfing noch nicht mal bei der Bundeskanzlerin. Der ist eben auch aufgefallen, dass sich der Schulden-Mount Everest unseres Hessenlandes in Ihrer Ägide einfach mal so verdoppelt hat. Sie kümmere sich um den Bundeshaushalt. Sie, lieber Herr Koch, mögen sich um den Landeshaushalt kümmern. Recht hat sie, die Frau Bundeskanzlerin. Da gibt es viel zu tun.
Seien Sie ehrlich: So richtig Lust auf das Amt und Ihre schöne Staatskanzlei hatten Sie seit geraumer Zeit nicht mehr. Das haben wir Ihnen ja auch oft genug vorgeworfen. Dennoch haben Sie fortwährend behauptet, in Hessen Ministerpräsident bleiben zu wollen. Wenn ich jetzt Ihr Generalsekretär wäre und ein Sozi so kreativ mit der Wahrheit umgegangen wäre, hätte ich den von morgens bis abends der Lüge geziehen. Lügen-Koch! Das darf man ja auch sagen. An die jüdischen Vermächtnisse erinnern Sie sich bestimmt noch. Das war ziemlich mies und unanständig. Sie haben es politisch überlebt. Mir hat das keinen Respekt eingeflößt. Das Gegenteil ist der Fall.
Sie wollen jetzt gehen. Wobei das ja nicht so ganz stimmt. Mit Volker Bouffier, den Sie wohl liebevoll Buffi zu nennen pflegen, bleibt ja alles beim Alten. Ob Wetterauer Tankstelle oder Anden, der war immer mit dabei. Ausgeboufft ist er. Hat immerhin bislang drei Untersuchungsausschüsse überstanden. Beim vierten sieht es ja nicht gut für ihn aus. Offensichtlich ist er Ihnen ähnlicher, als es dem Land gut täte. Er geht eben auch – wenn’s hart auf hart kommt – kreativ mit der Wahrheit um. Das sehen inzwischen auch einige in Ihrer Partei so. Ihre Lieblingsnachfolgerin Silke Lautenschläger, die im Bermudadreieck zwischen Windkraftanlagen, Gammelfleisch und Milchquoten verschwunden ist, sieht das vermutlich genauso. Die fordert jetzt – ein wenig resigniert – zu einer grundlegenden Erneuerung auf. So richtig scheint sie dem Herrn Bouffier nicht zu trauen. Da geht es mir wie ihr. Insofern darf ich Ihnen versichern, nicht nur Sie bis zum Ende Ihrer Amtszeit aufmerksam zu verfolgen.
"Niemals geht man so ganz…" So sang die Trude Herr. Sie, lieber Herr Koch, bleiben uns faktisch erhalten. Insofern gräme ich mich nicht. Es dürfte auch mit einem CDU-Landeschef und Ministerpräsidenten Volker Bouffier reichlich Stoff für meine wöchentliche Kolumne geben.
In diesem Sinne ein herzliches "Glück auf"
Ihr Michael Roth