
Die verschiedenen Wortmeldungen von Ministerpräsident Bouffier zum Thema Integration – zuletzt heute im FAZ-Interview – hat der SPD-Abgeordnete Gerhard Merz am Donnerstag als "Geplapper für den rechten Rand" kritisiert. "Herr Bouffier ergeht sich in Allgemeinplätzen, bedient auf der einen Seite Ressentiments und auf der anderen gibt er sich staatsmännisch. Am Ende erweist er sich vor allem als absolut rat- und ahnungslos", sagte Merz in Wiesbaden. "Herr Bouffier sollte sich vielleicht einmal auf den aktuellen Stand der Beratungen der Enquetekommission des Hessischen Landtags bringen, bevor er sich laienhaft zum Thema Integration äußert."
"Herr Bouffier bedient vor allem den rechten Rand, indem er ‚Massenzuwanderung‘ ablehnt – die erstens seit Jahren nicht mehr stattfindet und die zweitens keine der Oppositionsparteien fordert." Damit versuche er, die unsäglichen Äußerungen von Ministerpräsident Seehofer hoffähig zu machen und sich von den durchaus lobenswerten Aspekten der Rede des Bundespräsidenten zu distanzieren, so Merz.
Das Fischen am rechten Rang sei auch bei der Wiederbelebung der Idee einer "Leitkultur" erkennbar. "Die Vorstellung von einer Leitkultur ist eine der ideologischen Lieblingsfiguren des deutschnationalen Flügels der hessischen CDU." Die werde nicht dadurch richtiger, dass Bouffier sie jetzt mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik gleichsetzt.
Die freiheitlich-demokratische Grundordnung sei die Grundlage des säkularen, weltanschaulich neutralen Staates und zu ihren Voraussetzungen gehöre die verfassungsrechtliche Gleichstellung der Religionen. Das ständige Durcheinanderwerfen von Verfassung, Religion, Kultur, ethnischer Abstammung und sozialer Lage sei eines der Grundübel der gegenwärtigen Debatte. Das werde durch Bouffiers Äußerungen leider eher noch schlimmer, sagte Merz.
Bedenklich sei auch Bouffiers Versuch, die Rolle der Bildungspolitik bei der Integration "klein zu reden". "Wenn Herr Bouffier über die Bedeutung von intellektuellen Integrationsverweigerern räsoniert, soll das in erster Linie von der gescheiterten Bildungspolitik der schwarz-gelben Landesregierung ablenken. Im Übrigen ist es eine Brüskierung gerade der Verbände, mit denen die Landesregierung augenblicklich am Runden Tisch über die Frage des islamischen Religionsunterrichts redet."
Die Chancenlosigkeit junger Menschen aufgrund ihrer sozialen Herkunft – die gerade Kinder und Jugendliche von Zugewanderten besonders trifft – werde von der schwarzgelben Bildungspolitik nicht bekämpft, sondern billigend in Kauf genommen. Sie sei eine der Hauptursachen misslingender Integration. "Dadurch, dass der Ministerpräsident den Zusammenhang zwischen Bildung und Integration in Frage stellt, beweist er leider nur seine Unwissenheit sowohl in der Bildungs- als auch in der Integrationspolitik."