Sehr geehrter Herr Bellino,
am vergangenen Dienstag haben Sie unserer innenpolitischen Sprecherin Nancy Faeser nahe gelegt, ihr juristisches Staatsexamen zurückzugeben. Und das nur, weil sie die Minderheitenrechte der Opposition im Untersuchungsausschuss Polizeichef-Affäre als verletzt betrachtet und nun eine Klage vor dem Staatsgerichtshof prüfen lässt. Diese Minderheitenrechte, Herr Bellino, hatte aber doch gerade Ihre Partei gemeinsam mit der FDP im Jahre 1998 eingeklagt! Selbst Volker Bouffier, seines Zeichens ebenfalls Jurist, maß damals dem Richterspruch "grundlegende Bedeutung für die Arbeit von Untersuchungsausschüssen" bei. Wer in Ihrer Gurkentruppe hat Sie nur auf dieses Pferd gesetzt?
Wenn wir bei jeder kruden Rechtsverdrehung aus Ihrer Fraktion gleich nach der Rückgabe von Titeln und akademischen Graden rufen würden, wären Ihre Reihen examensfrei.
Und apropos Examen: Davon hat Frau Faeser als Volljuristin zwei. Im Gegensatz zu dem von Ihnen verehrten Trickser und Täuscher Guttenberg. Das zweite Staatsexamen hatte er nie. Den Doktor nicht mehr. Dafür bleibt er aber Minister. Ein ertappter Lügner und Dieb geistigen Eigentums!
Sie haben einen ziemlichen Bock geschossen! Aber Sie geben uns Gelegenheit, auf die hohe Kompetenz und das Ausbildungsniveau unserer Fraktion hinzuweisen. Dafür haben Sie sich die Auszeichnung zum "Mitarbeiter der Woche" redlich verdient.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Roth
Der Generalsekretär der hessischen SPD, Michael Roth, kürt ab sofort im wöchentlichen Rhythmus einen hessischen Politiker für seine "Verdienste" im politischen Betrieb zum "Mitarbeiter der Woche". In der Kolumne greift Roth künftig skandalöse Ereignisse und Vorgänge, Fehltritte und anderes Kritikwürdiges aus der Landespolitik auf.