Wir sind die Gesundheitspartei!

Um sich über die aktuelle Situation im Gesundheitsbereich zu informieren werden hessische SPD-Politiker der Bundes-, Landes- und Kommunalebene ab dem 28. Februar in Arztpraxen, Krankenhäusern, bei Pflegeeinrichtungen, in Versorgungs- und Altenzentren oder bei Selbsthilfegruppen über die aktuelle Situation im Gesundheitsbereich informieren.

"Wer das Gesundheitssystem nur von seinem Landtags- oder Bundestagsschreibtisch aus kennt, kann kaum beurteilen, wie gravierend die Missstände derzeit sind", sagte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Dr. Thomas Spies am Freitag bei einer Pressekonferenz zur Vorstellung der "Praxistage" in Wiesbaden. Ein gerechtes und funktionierendes Gesundheitssystem lasse sich nicht vom Reißbrett aus planen, so Spies. Ob 3-Klassen-Medizin, Vorkasse-Abzocke in den Arztpraxen, drohende Kopfpauschale oder Ärztemangel – das deutsche Gesundheitssystem stecke in einer tiefen Krise.

Deshalb mache sich die SPD ab kommendem Montag vor Ort ein Bild der Lage. "Erst im Betrieb selbst zeigt sich welche Auswirkungen insbesondere Personal- und Mittelkürzungen etwa in Krankenhäusern, die schwarz-gelbe Gesundheitsreform oder der Ärztemangel im ländlichen Raum tatsächlich haben", so Spies. Vor allem die Situation der Patienten und der Beschäftigten stehe dabei im Zentrum. Die Sozialdemokraten suchten nach validen Lösungen für die aktuellen Probleme und nach Antworten auf die Gesundheitsfragen von morgen.

Während der Praxistagen arbeiten etwa die ehemaligen Bundesministerinnen Brigitte Zypries und Heidemarie Wieczorek-Zeul, der Generalsekretär der Hessen-SPD und Bundestagsabgeordnete Michael Roth, der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD im Hessischen Landtag, Günter Rudolph, der finanzpolitische Sprecher der Landtagsfraktion Norbert Schmitt und Dr. Thomas Spies in Gesundheitseinrichtungen oder Praxen selbst mit oder besuchen sie.

Gesundheitssystem umstrukturieren – Ärztemangel bekämpfen

Ein gravierendes Problem in Hessen entstehe derzeit vor allem im ländlichen Raum, so Spies. Dort führe die drohende Nichtbesetzung von Arztpraxen zu einer zunehmenden Verknappung des Angebots. "Besonders für ältere Menschen wird der Weg zum Arzt immer länger und beschwerlicher", so Spies. Deshalb müssten hier dringend neue Strukturen geschaffen werden, so Spies. Dazu habe die gerade veröffentlichte Studie der FES "Gesundheitliche Versorgung in Stadt und Land – ein Zukunftskonzept" wichtige Anhaltspunkte gegeben. Spies betonte, dass hier erstmals auch eine Lösung für die erhebliche soziale Ungleichheit in der Versorgung auf dem Land, aber vor allem auch in ärmeren Stadtteilen vorgelegt werde. Die Studie wird am 28.2. in Kassel und am 10. 3. in Frankfurt in öffentlichen Veranstaltungen präsentiert.

Gerade im ländlichen Raum sei es für eine gute Gesundheitsversorgung wichtig, dass die Kommunen in die Entscheidungen mit einbezogen würden und Einfluss nehmen könnten, um regionale Besonderheiten vor Ort zu berücksichtigen. Das könne auf kommunaler Ebene am besten geschehen. "Alle Beteiligten müssen ins Boot – die Kassenärztliche Vereinigung, die Krankenkassen, die Krankenhäuser, alle übrigen Leistungsanbieter und die Kommunen. Und sie müssen vor Ort entscheiden können, was die Region braucht", sagte Spies. Das Modell eines primärärztlichen Zentrums mit vielen Zweigstellen könne gerade für ländliche Regionen zielführend sein. "Dann gibt es auch in den abgelegenen Orten zumindest zeitweise einen Hausarzt oder auch bestimmte Fachärzte, wenn eine ganze Arztstelle nicht ausgelastet werden kann. Und für die Ärzteschaft hat dieses Modell den Vorteil, dass alle Teilzeitmodelle denkbar sind und man nicht mit Verwaltungsaufgaben belastet ist", sagte Dr. Spies. Das bedeute weniger Bürokratie und mehr Zeit für Patienten, und um die gehe es doch im Gesundheitswesen.

Gleiches Geld für gleiche Behandlung – Vorkasse-Abzocke ist schamlos

Eine klare Absage erteilte Spies den Vorschlägen zur Vorkasse im Gesundheitswesen. "Die SPD macht da nicht mit! Es ist weder sozial noch gerecht, dass der Zugang zur medizinischen Behandlung über das Portemonnaie geregelt wird", so Spies. "Eine Politik, bei der Patientinnen und Patienten vom Arzt deutlich mehr berechnet bekommen, als die Krankenkasse erstattet, ist schamlos und mit uns nicht zu machen", sagte der Gesundheitsexperte. "Wer Ärzten nahe legt, mehr Geld von ihren Patienten zu nehmen als die gesetzliche Krankenkasse (GKV) erstattet, verführt dazu, Patienten nicht als Patienten, sondern als Geldautomaten zu betrachten." Er forderte die hessischen Ärztinnen und Ärzte auf, sich daran nicht zu beteiligen. "Ärzte wissen sehr genau, dass es beim Helfen zuerst um die Not der Patienten gehen muss und nicht um die Höhe des Honorars", so Spies, der selbst als Notarzt regelmäßig praktische Medizin betreibt.

3-Klassen-Medizin beenden – Bürgerversicherung statt Kopfpauschale

Der SPD-Politiker kritisierte auch die von Gesundheitsminister Rösler eingeführte "kleine" Kopfpauschale, den Zusatzbeitrag. "Damit bereitet Rösler die Einführung der totalen Kopfpauschale vor. Das benachteiligt aber einkommensschwache Menschen. Der Fahrer zahlt dann so viel wie der Bankdirektor, die Sekretärin soviel wie die Professorin. Das ist ungerecht und widerspricht allen unseren Überzeugungen", rügte Spies. Abhilfe schaffe das maßgeblich von der hessischen SPD entwickelte System der Bürgerversicherung. Jeder Bürger und jede Bürgerin zahle dann von allen Einkünften – und nicht nur vom Erwerbseinkommen – einen prozentualen Beitrag. "Das ist gerecht und stellt unser Gesundheitssystem auf eine stabile Grundlage", so Spies. "Dann gibt es auch nur noch Behandlung nach Dringlichkeit und nicht nach Geldbeutel", so Spies.