
Die Jahresbilanz von Sozialminister Grüttner fällt nach Ansicht des stellvertretenden Vorsitzenden und sozialpolitischen Sprechers der SPD-Landtagsfraktion Dr. Thomas Spies mager aus. Herr Grüttner versteht sich als Sparkommissar, wo er Vorkämpfer für die Benachteiligten sein muss. Er begreift Wohlfahrtsverbände, soziale Einrichtungen und Kommunen nicht als Partner, sondern als Gegner, gegen die er vor allem Einsparungen durchsetzen will, so Spies.
Die Aufgabe des Sozialministers sei aber vor allem, Anwalt der sozial Benachteiligten zu sein. Gemeinsam mit Verbänden und Kommunen müsse er Prävention stärken, soziale Probleme und ungleiche Chancen bekämpfen, die Zukunftsherausforderungen angehen und den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft stärken. Der Sozialminister muss der erste Lobbyist des Sozialen sein, auch im Kabinett. Arme Menschen können keine PR Agenturen und Lobbyisten bezahlen, sie sind auf Vertretung angewiesen, sagte Spies.
Stattdessen tue sich Herr Grüttner durch kurzsichtige Kürzungen im Sozialetat hervor. Streichungen bei den Arbeitsmarktbudgets oder der Förderung der Altenpflegeschulen nannte Spies als Beispiele. Mit den Kürzungen des Bundes und des Landes werden auch noch die mageren Reste einer Landesarbeitsförderung beseitigt, so Spies. Es gebe aber nach wie vor Personen, deren Chancen auf einen Job gleich Null sind. Die Alternative ist dauerhafte Abhängigkeit von Transferleistungen. Das spart nicht, ist aber herabwürdigend und chancenvernichtend.
Angesichts des demographischen Wandels zeichne sich schon jetzt ein Pflegepersonalmangel ab, vor allem in der Altenpflege. Kürzungen bei der Altenpflegeausbildung seien hier der völlig falsche Weg. Das weiß der Minister auch. Aber wenn die Aufgabe wichtig ist, darf sich das Land nicht zurückziehen. Es müsste sogar mehr tun. Auch hier wird nicht auf lange Sicht vernünftig geplant, hier wird der kurzfristige Spareffekt gesucht, kritisierte Spies.
Sozialpolitik verkomme in Hessen zu PR-Politik. Familienkarte und Familientag ersetzen keine konkrete Politik. Familienpolitik erfordert aber mehr als eine Rabattkarte und eine Tagesveranstaltung mit Ministerrede, erklärte Spies. Die Qualitätsverbesserung für Kindergärten hat offenbar Zeit, und bei der Finanzierung sei diese Regierung notorisch wortbrüchig. Bei der Umsetzung der neuen Mindestvoraussetzungen in Kindertagesstätten habe der Minister eine glatte Bauchlandung hingelegt. Wir alle wissen, dass frühe Bildung zu den zentralen Zukunftsaufgabe zum Wohl der ganzen Gesellschaft zählt, so Spies. Sich hier billig zu rechnen sei unverantwortlich.
In der Politik für Menschen mit Behinderung glänze der Minister durch Tatenlosigkeit. Er redet viel, tut aber wenig. Und vor allen Dingen redet er nicht mit den Betroffenen, sondern über sie, erläuterte Spies. Während Rheinland-Pfalz bereits seit über einem Jahr einen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention vorgelegt habe, sei das hessische Sozialministerium über die Einrichtung einer Stabsstelle noch nicht hinausgekommen.
Auch beim Heimgesetz hat der Minister versagt. Seit zwei Jahren wird ein Regierungsentwurf angekündigt der SPD-Entwurf ist inzwischen über ein Jahr im Verfahren. Zuletzt müssen die Fraktionen von CDU und FDP einspringen mit einem so schlechten Entwurf, dass er noch vor der öffentlichen Anhörung nachgebessert werden musste. Das habe ich bisher in meiner parlamentarischen Praxis noch nicht erlebt, erklärte Spies.
Dass der Sozialminister keine Strategien entwickele, wie mit großen Zukunftsaufgaben umzugehen sei, belegten auch seine Äußerungen über die hessische Krankenhauslandschaft. Herr Grüttner ist dafür zuständig, die Krankenhausversorgung in Hessen sicherzustellen. Er kann sich nicht hinstellen und darüber Klage führen, wie schwierig diese Aufgabe sei. Er muss Zukunftspläne entwickeln und die Verantwortlichen vor Ort in die Umsetzung einbeziehen. Aber ohne einen klaren Plan und ohne Umsetzungsstrategie wird er auch auf diesem Feld kläglich versagen, stellte Spies fest.
In Hessen gebe es seit Jahren keine vernünftige zielorientierte Sozialpolitik mehr. Für die CDU ist dieses wichtige Politikfeld ein lästiges Anhängsel. Sparorgien wie die Operation düstere Zukunft belegen dies. Präventive Ausgaben wurden radikal gestrichen oder erheblich gekürzt. Übrig geblieben sind Pflichtleistungen und einige Projekte, mit denen man sich gerne schmückt. Eine Sozialpolitik, die diesen Namen auch verdient, sieht anders aus, so Spies abschließend.