
Bei der gemeinsamen Präsidiumssitzung der SPD Rheinland-Pfalz und der SPD Hessen am Montagabend in Mainz haben die Parteispitzen Alternativen zur weiteren Steigerung des Flugverkehrs im Rhein-Main-Gebiet diskutiert. Die Menschen, die in diesem Gebiet wohnen, sind vom Fluglärm durch den Flughafen Frankfurt/Main länderübergreifend und in besonderer Weise betroffen. Durch die neue Landebahn Nordwest können bis zu 250.000 zusätzliche Flugbewegungen im Jahr möglich sein. Die Grenzen der Belastbarkeit, insbesondere beim Nachtflug, sind überschritten", betonten die Landesvorsitzenden der SPD Rheinland-Pfalz und Hessen, Kurt Beck, Ministerpräsident, und Thorsten Schäfer-Gümbel. Die Bürgerinnen und Bürger müssen jetzt schmerzlich erleben, dass die hessische Landesregierung offensichtlich kein Interesse an der Einhaltung des Mediationsergebnisses und insbesondere der Einführung eines Nachtflugverbots hat."
Während der Sitzung formulierten die Teilnehmer gemeinsame Ziele: die faire Lastenverteilung bei der Fluglärmsituation und eine Strategie zur Reduzierung von vermeidbarem Fluglärm in der Region Rhein-Main. Um diese Ziele zu erreichen, fordern die SPD Rheinland-Pfalz und Hessen:
– Die geplanten Nachtflüge dürfen bis zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts nicht stattfinden.
– Die SPD in Rheinland-Pfalz und Hessen tritt in der Diskussion um die neuen Flugrouten und die Festlegung des Lärmschutzbereiches aufgrund der neuen Landebahn Nordwest am Flughafen Frankfurt/Main für innovative Vorschläge wie transparente und berechenbare Lärmpausen und eine alternierende Abflugroutenbenutzung auf. Seriöse Gutachter haben bereits Alternativen zur unausgewogenen Flugroutenfestlegung der DFS vorgelegt.
– Die SPD in Rheinland-Pfalz und Hessen unterstützt alle Bemühungen, den Radius zur Lärmermittlung um den Flughafen Frankfurt/Main auszuweiten.
– Zwischen den Flughafenstandorten Frankfurt/Main und Frankfurt/Hahn ist eine Vernetzung anzustreben. Eine Verlagerung von Flugbewegungen im Fracht- aber auch im Passagierbereich ist möglich. Entsprechende politische Initiativen der Landesregierungen von Hessen und Rheinland-Pfalz sollen daher ergriffen werden. Insbesondere die Hessische Landesregierung muss in diese Richtung aktiv werden.
– Eine Änderung des Luftverkehrsgesetzes zu Lasten des Lärmschutzes darf von der schwarz-gelben Bundesregierung nicht weiter verfolgt werden. Vielmehr muss es eine Regelung im Luftverkehrsgesetz geben, die sicherstellt, dass schon im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens Flugverfahren und Flugrouten Gegenstand dieses Verfahrens sind und damit der dort vorgesehenen Bürgerbeteiligung unterliegen. Auch Änderungen der Flugverfahren und Flugrouten müssen in einem entsprechenden Verfahren erfolgen.
Die SPD in Rheinland-Pfalz und die SPD in Hessen beabsichtigen, diese Punkte in einem gemeinsamen Antrag auf dem Bundesparteitag im Dezember einzubringen.
Die Verbesserung des Lärmschutzes ist zentrale Leitlinie unserer gemeinsamen Verkehrspolitik. Wir werden für weitere Lärmminderungen streiten", so Beck und Schäfer-Gümbel.
Ein weiteres Schwerpunktthema der gemeinsamen Sitzung waren die Pläne zur Parteireform, die der SPD-Parteivorstand vorgelegt hat: In ihrem 149. Lebensjahr benötigt die SPD dringend Frischluft. Die Beteiligungsmöglichkeiten und Willensbildungsprozesse in unserer Partei müssen an die gesellschaftlichen Veränderungen und die neuen technischen Möglichkeiten angepasst werden. Deshalb begrüßen wir die Vorschläge der Parteispitze", so Beck und Schäfer-Gümbel.
Die SPD Rheinland-Pfalz und Hessen sind – nach der SPD im Saarland – die Landesverbände mit der bundesweit höchsten Mitgliederzahl gemessen an der jeweiligen Gesamtbevölkerung. Ziel der Parteireform ist es, dass die SPD ihren Charakter als Volkspartei, Mitglieder- und Programmpartei bewahrt. Die Entscheidung über Positionen und Personalangebot der SPD soll deshalb Vorrecht der Mitglieder bleiben. "Diejenigen, die unsere Partei in guten wie in schlechten Zeiten finanziell, ideell, durch die Übernahme von Ehrenämtern und durch tatkräftige Mithilfe tragen, sollen auch diejenigen sein, die die zentralen Entscheidungen über die Köpfe und den Kurs unserer Partei treffen", betonte der Landesvorsitzende der SPD Rheinland-Pfalz, Kurt Beck. Die vorliegenden Vorschläge zur Erleichterung von Mitgliederbegehren und Mitgliederentscheiden unterstütze man deshalb nachdrücklich.
Auch für interessierte Bürgerinnen und Bürger wolle sich die Partei stärker öffnen und sie zum Mitmachen ermuntern. Die hessische SPD habe mit der umfassenden Einbeziehung von externen Organisationen, Verbänden und zivilgesellschaftlichen Akteuren in den vergangenen Jahren gute Erfahrungen gesammelt, erklärte der Landesvorsitzende der hessischen SPD, Thorsten Schäfer-Gümbel. Dies konnte auch Kurt Beck für Rheinland-Pfalz bestätigen: Auf allen Ebenen stehen Nicht-Mitglieder der Partei mit Rat und Tat zur Seite und übernehmen bereits heute auf der kommunalen Ebene für die SPD politische Verantwortung." Diesen Dialog wolle man weiter ausbauen. Die SPD Hessen will beispielweise im kommenden Landtagswahlkampf bei der Erstellung ihres Regierungsprogramms neue Online-Tools und Beteiligungsformen erproben, um sowohl Mitgliedern als auch Nichtmitgliedern die Teilnahme an der Programmdiskussion zu ermöglichen.
Rekommunalisierung der Stromnetze – für beide Parteien ein aktuelles und wichtiges Thema: Die SPD ist in Hessen wie in Rheinland-Pfalz seit langem Vorreiter einer nachhaltigen und erneuerbaren Energieerzeugung. Der Ausstieg aus der Atomkraft allein ist jedoch noch keine nachhaltige Energiewende", betonten beide Landesvorsitzende. Deshalb setze man statt auf neue fossile Großkraftwerke auf die dezentrale Nutzung der erneuerbaren Energien als Motor für Jobs und Wertschöpfung vor Ort. Als Betreiber von Großkraftwerken haben die großen Stromkonzerne oftmals zu wenig Interesse an einem Umbau der Netze hin zu mehr Dezentralität. Für die Kommunen und deren Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen bietet die dezentrale Energiewende hingegen vielfältige Chancen", so Beck und Schäfer-Gümbel. So könnten die Kartelle der großen Energiekonzerne aufgebrochen und die Energiewende durch den Ausbau intelligenter Stromnetze gefördert werden.
Beck und Schäfer-Gümbel: Durch den Wunsch von RWE AG, ihre Anteile an der SÜWAG zu veräußern, bietet sich für die angeschlossenen Kreise und Städte die Möglichkeit, in der Rekommunalisierung einen großen Schritt voranzukommen. Die SPD in Rheinland-Pfalz und Hessen unterstützt das Engagement von Kreisen und Städten, eine kommunale Übernahme der RWE AG Anteile zu erreichen und dazu eine Holding zu gründen, in der die kommunale Familie die Mehrheit hat." Damit eröffne man neue Perspektiven in der regionalen Zusammenarbeit über Ländergrenzen hinweg.
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