
Die hessischen Kommunen sollen nach Ansicht der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag mehr wirtschaftliche Freiräume bekommen. Außerdem will die SPD auch die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an Entscheidungen vor Ort stärken. Dazu und zu einer Reihe weiterer Punkte hat die Fraktion einen umfassenden Änderungsantrag zur Überarbeitung der Hessischen Gemeindeordnung der Regierungskoalition eingebracht und bereits in einer Pressekonferenz am 16. September 2011 der Öffentlichkeit vorgestellt.
Die hessischen Kommunen haben eine wichtige soziale und wirtschaftliche Bedeutung für unser Leben. Sie sorgen für Wohnraum, Wasser und Energie, sichern Arbeitsplätze, indem sie Wirtschaftsunternehmen ansiedeln, bieten soziale Dienste und Einrichtungen zur Gesundheitsversorgung sowie Bildungs- und Kulturzentren, sagte die innenpolitische Sprecherin der SPD Landtagsfraktion Nancy Faeser am Freitag in Wiesbaden
Um die Energiewende zum Erfolg zu führen, müssen wir den Aufbau dezentraler Strukturen fördern. Ohne die Kommunen ist das kaum machbar. Doch damit Städte und Gemeinden ihr volles Potential entfalten können, halten wir es für dringend erforderlich, dass die Möglichkeiten der wirtschaftlichen Betätigung für Kommunen verbessert werden, so Faeser.
Auf Grund der Subsidiaritätsklausel dürften Gemeinden derzeit nur wirtschaftlich aktiv werden, wenn der öffentliche Zweck die Betätigung rechtfertigt oder die Aufgabe nicht ebenso gut und wirtschaftlich durch einen privaten Dritten erfüllt werden könne (Subsidiaritätsklausel). Dies führe aber auch dazu, dass den hessischen Kommunen Konkurrenz von kommunalen Unternehmen aus anderen Bundesländern erwachse, mit denen sie nicht konkurrieren dürften.
Die SPD Landtagsfraktion schlage deshalb eine Veränderung des § 121 HGO vor, die es den Kommunen ermöglicht, auch künftig ihren finanziellen Eigenanteil an der kommunalen Selbstverwaltung in eigener Verantwortung zu erwirtschaften. Dies stärke die Leistungsfähigkeit der Kommunen und könne die Abgabenlast der Bevölkerung reduzieren.
Darüber hinaus sehe der SPD-Vorschlag vor, dass die Möglichkeit eines Bürgerantrags eingeräumt würde. Danach könnten Bürgerinnen und Bürger eigene Anträge an den Gemeindevorstand stellen, die dann dort beraten werden müssen. Zudem sollten die Rechte der Ausländerbeiräte gestärkten und ihnen dort, wo dies noch nicht der Fall ist, Rede und Antragsrecht eingeräumt werden.
Schließlich sehe die SPD die verbindliche Einführung von Seniorenbeiräten in Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern vor. Desweiteren unterstütze die SPD ausdrücklich die Veränderungen im Bereich der Veröffentlichung im Internet, der Stärkung der Parlamentsvorsteher und der Regelungen im Bezug auf den Zusammenschluss von Gemeinden. Weiterhin soll die Mandatsausübung von Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden auch so abgesichert werden, dass sie den Regelungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern (und Auszubildenden) entspräche.
Die SPD lehne außerdem den Vorschlag ab, den direkt gewählten Bürgermeisterinnen, Bürgermeistern und Landräten die Möglichkeit einzuräumen, die eigene Abwahl zu beantragen, wenn diese sich des öffentlichen Vertrauens in ihre Amtsführung nicht mehr sicher sein können.
Ebenso solle keine Veränderung der Entschädigungsregelungen für Selbstständige vorgenommen, sehr wohl aber eine Unter- und Obergrenze für Aufwandsentschädigungen der Gemeindevertreterinnen und Gemeindevertreter festgelegt werden.
Die SPD-Fraktion erneuerte zudem ihre Forderung an die Landesregierung, die Ausplünderung der Kommunen endlich zu stoppen. Die SPD unterstütze kommunale Spitzenvertreter, die bereits mehrfach eindrücklich bestätigt hatten, dass die Kommunen zukünftig deutlich weniger, und nicht mehr Geld zur Verfügung hätten. Daher müsste sowohl die Kürzung des Kommunalen Finanzausgleichs um 344 Millionen Euro, als auch die 20-Millionen-Kürzung bei den Verkehrsverbünden umgehend zurückgenommen werden. Darüber hinaus spreche sich die SPD-Fraktion gegen eine generelle Genehmigungspflicht für Kassenkredite aus.
Die geplanten Änderungen im Einzelnen:
Die Schaffung wirtschaftlicher Freiräume für Kommunen durch eine Änderung von § 121 HGO
Eine erleichterte Durchführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden.
Die Einführung des Einwohnerantrags und der Möglichkeit der Bürgerbefragung.
Die Verhinderung der von den Kommunen nicht gewollten und unsachgemäßen Privilegierung Selbständige bei den Entschädigungsregelungen.
Eine Absicherung junger Mandatsträger, die sich noch in der schulischen oder akademischen Ausbildung befinden.
Die Abschaffung der auch von den Kommunen kritisch betrachteten Ruhestandsregelung für Bürgermeister und Landräte.
Die Stärkung der Ausländerbeiräte durch die Zusammenlegung der Wahl mit den Kommunalwahlen sowie der Verankerung von Rede- und Antragsrechten.
Die gesetzliche Verankerung von Seniorenbeiräten.
Die Förderung der kommunalen Handlungsfähigkeit durch die Genehmigungsfrist von Kassenkrediten.
Das Stopp der unbegrenzten Steigerung der Kreisumlage