
Als menschenunwürdig und nicht mehr zeitgemäß haben die SPD-Politiker Gerhard Merz und Ernst-Ewald Roth die Residenzpflicht für Asylsuchende und Geduldete in Hessen bezeichnet. Asylsuchende müssen die Chance haben, sich zumindest innerhalb des Bundeslandes frei bewegen zu können, so wie es in Deutschland bereits in sechs Bundesländern möglich ist. Die Residenzpflicht ist ein enormer Eingriff in die Bewegungsfreiheit und außerdem ein grundlegendes Hindernis bei der Suche nach Beschäftigung. Wer nach Hessen kommt und arbeiten möchte, darf nicht durch eine zufällige Zuweisung in einen strukturschwachen Bezirk daran gehindert werden, so die SPD-Politiker.
Auch bei Geduldeten sei eine Beschränkung auf den Regierungsbezirk nicht länger hinnehmbar. Viele Menschen unterliegen über Jahre dem Duldungsstatus. Sie über einen solch langen Zeitraum in ihrer Bewegungsfreiheit auf einen Regierungsbezirk zu beschränken ist weder logisch noch zweckmäßig. Zwar sind Geduldete ihrem Status nach vollziehbar ausreisepflichtig und halten sich nur auf Grund eines Abschiebehindernisses weiterhin in Deutschland auf. Wenn ein solches Hindernis allerdings über Jahre besteht, muss man den Betroffenen weitergehende Freiheiten, wie die Erweiterung der Bewegungsfreiheit, aber auch frühzeitigere Möglichkeiten der Beschäftigungsaufnahme schaffen. Hier muss ein grundsätzliches Umdenken im Umgang mit Geduldeten geschehen, so Ernst-Ewald Roth. Auch die Einrichtung eines Härtefallfonds wäre in diesem Zusammenhang ein wichtiger Schritt. Wenn bei einem Ersuchen auf Feststellung eines Härtefalls der Lebensunterhalt der betreffenden Person nicht gesichert ist, hätte man mit einem Fonds die Möglichkeit, Betroffenen eine gesicherte Aufenthaltsmöglichkeit in Deutschland zu gewähren.
Die SPD-Landtagsfraktion habe außerdem bei der Rückführung von mittellosen Ausländerinnen und Ausländern in ihr Heimatland schon 2009 die Einführung eines Handgeldes gefordert. Hierdurch könnten Menschen in die Lage versetzt werden, am Zielflughafen die Weiterreise bis zu ihrem eigentlichen Heimatort anzutreten und sich zunächst zu verpflegen. Zumindest eine kurzfristige Perspektive zur Sicherung der elementaren Lebensumstände wäre damit gegeben, so Roth.
Als unbedingt notwendig haben die Sozialdemokraten nach den Ergebnissen der Enquetekommission auch den Einstieg in den Integrationsprozess schon zu Beginn eines Asylverfahrens bezeichnet. Die sei auch für eine möglicherweise erforderliche Wiedereingliederung in das Herkunftsland hilfreich, da sie so auch für einen Neuanfang dort besser gerüstet seien. Asylverfahren sind häufig langwierig. Deutschland kann es sich nicht mehr leisten, die betroffenen Personen über einen langen Zeitraum in einem Vakuum zu belassen und erst bei positivem Abschluss eines Verfahrens mit dem Integrationsprozess zu beginnen. Hier wird unnötig Zeit vergeudet, die bereits sinnvoll mit Sprach- oder Orientierungskursen genutzt werden könnte, so die SPD-Politiker.
Als dringend ausbaubedürftig bezeichneten Merz und Roth auch die Zugangsmöglichkeiten für Flüchtlinge zu psychiatrischen Einrichtungen. Flüchtlinge haben häufig traumatische Erlebnisse zu verarbeiten. Eine Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen muss zeitnah, das heißt bereits kurz nach Einreise der Flüchtlinge sichergestellt sein, so die SPD-Politiker.
Kritik von vielen Seiten gab es in der Enquetekommission auch an der jetzigen Form des Asylbewerberleistungsgesetzes. Durch die geringen Leistungen ist Asylbewerbern in Deutschland kein würdiges Leben möglich. Die Höhe der Leistungen hat sich seit Inkrafttreten des AsylbLG im November 1993 nicht verändert. Dies steht in klarem Widerspruch zu § 3 des Gesetzes, der eine Anpassung an die Preisentwicklung fordert, so Merz. Es steht auch in Widerspruch zu Artikel 1 Grundgesetz, aus dem die Forderung nach einer staatlichen Absicherung des Existenzminimums resultiert. An einer Erhöhung der Leistungen wird deshalb kein Weg vorbei gehen. Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum gilt für alle Menschen, unabhängig von Herkunft und Aufenthaltsstatus, so Merz abschließend.