Als kontraproduktiv und sozial- und gesellschaftspolitisch reaktionäre und darüber hinaus verfassungsrechtlich bedenkliche Geldverschwendung hat der familienpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Gerhard Merz die nach wie vor geplante Einführung eines Betreuungsgelds bezeichnet. Das Betreuungsgeld ist Ausdruck eines antiquierten und nicht mehr zeitgemäßen Bildes von Ehe und Familie, wie es leider insbesondere auch in der hessischen CDU gehäuft auftritt. Es entspringt einem durch und durch patriarchalischen Bild. Es ist das Bild des Mannes als des natürlichen Ernährers und der Frau als Hausfrau, sagte Merz am Mittwoch in der Plenardebatte im Hessischen Landtag. Dieses Bild von der Rolle von Männern und Frauen, von Ehe und Familie, von der Beziehung zwischen den Geschlechtern, auch von der Erziehung von Kindern und den Beziehungen zwischen Eltern und Kindern mit den gesellschaftlichen Realitäten des 21.Jahrhunderts hat mit der Realität aber gar nichts mehr zu tun.
Es gehe den Befürwortern nicht um die gesellschaftliche Honorierung der Erziehungsarbeit von Familien sondern darum, einem sowieso schon privilegierten Teil der Familien in diesem Land ein weiteres Privileg in Gestalt eines Erziehungshonorars zu verschaffen. Statt einer Gleichberechtigung der Lebensentwürfe werde die Verhinderung dieser Gleichberechtigung unterstützt, indem den vielen rechtlichen und materiellen oder auch steuerlichen Privilegierungen eines Lebensentwurfs eine weitere hinzugefügt werde. Und es handele sich neben ideologischer Verbohrtheit auch um schamlose Klientelbedienung.
Scharf kritisierte Merz den geplanten Ausschluss von SGB-II-Bezieherinnen und -Beziehern. Einen politischen Kompromiss in dieser Frage zu Lasten der Ärmsten der Armen abzuschließen, das ist schon ein besonderes Bubenstück. Damit wird klar, dass es nicht um die Anerkennung von Erziehungsleistungen in der Familie gehen kann, wenn den Eltern, die unter sehr schwierigen Bedingungen ihre Kinder erziehen, klar signalisiert wird, dass man auf ihre Erziehungsleistung pfeift. Es gibt für diese Familien dann keine Wahlfreiheit. Es geht hier ganz offenbar nicht um die Stärkung der Familien, sondern eben um die zusätzliche Alimentierung bestimmter Familien. Also entpuppt sich das Betreuungsgeld als typischer Ausdruck einer Zwei-Klassen-Familienpolitik.