Steuerfahnder wurden gezielt kaltgestellt und gemobbt

In der Diskussion um den Abschlussbericht zur Steuerfahnderaffäre hat der Obmann der SPD im Untersuchungsausschuss Norbert Schmitt die Ergebnisse des UNA 18/1 wie folgt zusammengefasst: „Die betroffenen ehemaligen Steuerfahnder wurden in der Folge ihrer kritischen Haltung gegenüber ihrer Amtsleitung gezielt aus der Steuerfahndung entfernt. Sie wurden durch eine faktische Strafversetzung kaltgestellt. Infolge des Mobbings wurden sie schließlich krank. Aber den klaren Hinweisen des Betriebsarztes, dass Erkrankungen aufgrund von Arbeitsplatzkonflikten vorliegen, wurde durch die Verwaltung nicht nachgegangen, sondern die Steuerfahnder wurden zum Psychiater geschickt, um die Zwangspensionierungen einzuleiten. Das alles stinkt zum Himmel“, so Schmitt.

In unmittelbarem Zusammenhang mit den Mobbing-Maßnahmen stehe ein Vermerk des damaligen Amtsvorstehers, in dem dieser an die Oberfinanzdirektion geschrieben habe, „die Verwaltung muss daher in der Personalangelegenheit Schmenger … eine Lösung finden, die … mir den Rücken stärkt. Außerdem sollten die von einer zu findenden Lösung ausgehenden Signale im Bereich der Fahnder/innen nicht unterschätzt werden“. „Dieses Schreiben ist das Schlüsseldokument. Damit werden die Motivation und das Ziel des Vorgehens gegen Schmenger, aber auch gegen die andern Betroffenen deutlich. Die Behandlung der kritischen Steuerfahnder sollte Signalwirkung haben“, so Schmitt.

Die Fahnder sollten in ihrer kritischen Haltung gebrochen und zu willfährigen Mitarbeiter degradiert werden.

„Die politische Verantwortung für diesen ungeheuerlichen Umgang mit den Fahndern haben Herr Koch und Herr Weimar“, so Schmitt. Sie seien voll über den Sachverhalt informiert gewesen. Aber sie hätten nicht gehandelt. Als Beleg zitierte Schmitt einen Aktenvermerk. Am 21. Oktober 2004 habe die Bearbeiterin K 6 in der Staatskanzlei in einem Vermerk an den Ministerpräsidenten und den Chef der Staatskanzlei angeregt, mit dem Abteilungsleiter im HMdF ein Gespräch zu führen. Sie habe die Hintergründe der Beschwerde des Fahnders Schmenger besprechen und klären wollen, warum es nicht gelungen war, die Differenzen auszuräumen. Sie halte eine „demotivierte Finanzverwaltung für völlig inakzeptabel“. Sie habe deshalb den Ministerpräsidenten in dem Vermerk gefragt: „Sind Sie damit einverstanden?“ Und dieser schreibt hinter diese Frage: „Nein“

„Damit wird die Haltung von Roland Koch klar. Selbst massiven Vorwürfen wurde nicht nachgegangen, da werden lieber demotivierte Mitarbeiter in Kauf genommen als der Sache nachzugehen und sich möglicherweise mit einem eigenen Mitglied der Landesregierung anzulegen“, so Schmitt. Der ehemalige Ministerpräsident Koch und der ehemalige Finanzminister Weimar hätten eindeutig Kenntnisse von der Situation der Steuerfahnder gehabt. Weimar habe im Untersuchungsausschuss betätigt, dass er sich mit Koch über die Angelegenheit verständigt habe. Aussagen zum Inhalt des Gespräches habe er aber verweigert.

Die Fürsorgepflicht gegenüber „ihren“ Bediensteten sei durch die Herren Koch und Weimar nicht wahrgenommen worden. Weimar habe sich sogar Anrufe in der Angelegenheit verweigert. Er habe erklärt nach einer Zeugenaussage, er wolle keine Anrufe mehr, weil ihn die Steuerfahnder geärgert hätten. „Das war die Stimmung im Ministerium und diese Stimmung, diese Haltung wurde zur Handlungsorientierung im Umgang mit den Fahndern. Das ist Obrigkeitsverwaltung und Fürstentum und hat mit moderner Personalführung nicht zu tun“, sagte Schmitt.

„Anders als vermutet, konnten wir keinen Beleg dafür finden, dass der Gutachter aber nicht gezielt ausgesucht wurde und das Untersuchungsergebnis mit ihm im Vorfeld das Ergebnis abgesprochen wurde, wenngleich einige Umstände – etwa eine völlig ungewöhnliche Beauftragung per Fax und der Hinweis auf eine angebliche Eilbedürftigkeit – seiner Beauftragung ungeklärt bleiben“, so Schmitt. „Wie sieht es mit der Möglichkeit der Wahrheitsfindung in einem UNA aus? Auch der Gutgläubigste müsste doch nachdenklich werden, wenn ein Zeuge aussagt, dass ein Zeuge im ersten UNA vor seiner Aussage ins Ministerium bestellt wurde und ihm ein gut dotierter Job im Innenministerium angeboten wurde. Seine Aussage wich auch dann erheblich von dem ab, was Kollegen feststellten“, so Schmitt. Er habe dies mit einem Kohlschen Black out gegenüber dem Kollegen erklärt, so die Zeugenaussage. „Der Black out- Fahnder war dann auch der einzige Fahnder, der die Treppe hoch fiel“, so Schmitt.

„Wir fordern als Konsequenz aus den Erkenntnissen des Untersuchungsausschusses, dass Inruhestandsetzungsverfahren auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt werden sollen. Danach soll die Entscheidung über die Dienstunfähigkeit in Zukunft durch die Verwaltung und nicht durch Gutachter getroffen werden. Dafür sei zu sorgen, dass die zuständige Behörde über ausreichend Personalausstattung und geeignete Qualitätskontrollen verfügt. Zudem schlagen wir vor, eine unabhängige Beschwerdeinstanz, einen Ombudsmann- oder frau, zu schaffen. Wir erwarten, dass diese Vorschläge von der Verwaltung endlich auch umgesetzt werden“, sagte Schmitt. Die eigentlich politisch Verantwortlichen Roland Koch und Karlheinz Weimar seien nicht mehr in Regierungsverantwortung, das hätte eigentlich für CDU und FDP den Weg einer ehrlichen Aufklärung ohne falsche Rücksichtnahme ermöglichen können. Aber einmal mehr hätten die Regierungsparteien Mehrheit über Wahrheit und Partei über Aufklärung gestellt.