
Ein Jahr nach der ersten Sitzung des Energiegipfels hat der umweltpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Timon Gremmels, am Donnerstag in Wiesbaden Bilanz zur hessischen Energiepolitik gezogen. Die innere Überzeugung für eine echte Energiewende hin zu einer größtmöglichen dezentralen Erzeugung erneuerbarer Energien fehlt der Hessischen Landesregierung bis heute. Sie hat das Thema immer nur unter taktischen Gesichtspunkten gesehen. Außer ein paar öffentlichkeitswirksamen Aktionen ist Hessen ein Jahr nach dem Ende des Gipfels in den wichtigen Fragen nicht wirklich vorangekommen. Im Gegenteil: CDU und FDP rücken immer mehr von den Konsensbeschlüssen ab und hintertreiben den eh schon mageren Teilkonsens des hessischen Energiegipfels durch Regierungshandeln, sagte der SPD-Politiker.
Ministerpräsident Bouffier und Umweltministerin Puttrich hätten bis heute nicht erkannt, welches Potential die erneuerbaren Energien für die regionale Wertschöpfung, Arbeit und Beschäftigung in Hessen aufweisen und welche neue Einnahmequellen sich für die klammen Kommunalhaushalte eröffne, wenn Städte und Gemeinde sich verstärkt bei der Produktion erneuerbarer Energie beteiligen dürften. Die deutliche Kritik des hessischen Verbands der Kommunalen Unternehmen (VkU) in Bezug auf die eingeschränkte wirtschaftliche Betätigung bei der Energieerzeugung muss beim Energiegipfel-Folgetreffen nächsten Dienstag zum Anlass genommen werden, die Sinnhaftigkeit dieser Einschränkung nochmals zu thematisieren, so Gremmels.
Neben der Ausbremsung der Kommunen bei der Energiewende durch die Landesregierung sei der vorgelegte Entwurf des Landesentwicklungsplans (LEP) der deutlichste Beleg dafür, dass eine der wenigen konkreten Festlegungen des Energiegipfels unterlaufen werden solle. Die 2-Prozent-Windvorrangfläche sind nicht verbindlich als Ziel formuliert, sondern als einfacher Grundsatz, von dem abgewichen werden kann. Das ist eine Hintertür, die sperrangelweit offen steht. Hierüber muss am Dienstag ebenfalls gesprochen werden. Wir haben eine verbindliche Verankerung im Landesplanungsgesetz in unserem Energie-Konjunkturgesetz vorgeschlagen, sagte der SPD-Politiker.
Auch die im LEP festgelegte Abstandsregelung von 1.000 Metern zwischen Windkraftanlagen und Ortslagen widerspräche eindeutig den Gipfelbeschlüssen. Im Abschlusspapier sei ausdrücklich auf geringere Abstände im Einzelfall verwiesen worden. Die jetzige starre Regelung führe dazu, dass in Südhessen die 2-Prozent-Vorgabe nicht erfüllt werden könne.
Gremmels sagte, dass es in keinem der drei hessischen Regierungsbezirken genehmigte Regionalpläne in Sachen Windenergie gäbe. Hauptgrund sei die gegenseitige Blockade von Umwelt- und Wirtschaftsministerium. So lägen bis heute die bereits 2010 in Auftrag gegebenen regionalen Energiekonzepte immer noch nicht vor, die eine wichtige Grundlage für die gerade stattfindende Fortschreibung der Regionalpläne bilden sollten. Auch der ebenfalls seit Monaten angekündigte Erlass der beiden Ministerien zur Windkraftnutzung sei über das Entwurfsstadium nicht hinaus gekommen. Der bekanntgewordene Entwurf stand in solch offensichtlichem Widerspruch zu den Gipfelbeschlüssen, dass er schnell wieder in den Schubladen der Ministerien verschwand. Der LEP-Entwurf, die fehlenden regionalen Energiekonzepte und der vermurkste Erlassentwurf zur Windkraft erschweren die Regionalplanung deutlich, so Gremmels.
Neben den Unzulänglichkeiten der Landesregierung drohe weiteres Ungemach aus Berlin. So werde der von Bundesumweltminister Altmaier angekündigte Windkraftdeckel das hessische 2-Prozent-Ziel gefährden. Anstatt im Sinne der Beschlüsse des hessischen Energiegipfels ihrem Parteifreund zu widersprechen, sieht Umweltministerin Puttrich allerdings keine Gefahr für den hessischen Teilkonsens. Wir fordern, dass Frau Puttrich bis nächsten Dienstag dieses mit Zahlen belegt.
Große Erwartungen an das Folgetreffen am nächsten Dienstag haben wir nicht. Für eine echte Zwischenbilanz wäre eine externe Evaluierung nötig. Dass die Landesregierung wegen des zu erwartenden schlechten Zwischenzeugnisses darauf nicht wirklich Lust hat und stattdessen zu einem Kaffeeplausch mit Fototermin bittet, ist zwar verständlich, bringt die hessische Energiewende aber nicht wirklich voran, sagte der Umweltpolitiker.
Die Alternativen werden in der nächsten Plenarwoche des Landtags nochmals mehr als deutlich. Im Hessischen Landtag wird in zweiter Lesung unser ambitioniertes Energie-Konjunktur-Gesetz beraten, das eine echte Alternative zu dem dünnen und unzureichenden sogenannten Energie-Zukunftsgesetz der Landesregierung bietet. Zusammen mit unseren Haushaltsanträgen in Höhe von 120 Millionen Euro zur Umsetzung der Energiewende zeigen wir deutlich, dass die Umsetzung der Energiewende bei uns in den besseren Händen ist. Mit dieser Landesregierung sind wir sind heute von einem hessischen Energiekonsens weiter entfernt als vor einem Jahr, so Gremmels.