Demokratie muss wehrhaft sein

Die SPD-Fraktion will ein Verbot der NPD erreichen. Im Interview erklärt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Christine Lambrecht, warum solch ein Verbot politisch wichtig ist und was das für den Kampf gegen Rechtsextremismus bedeutet.

Warum ist das NPD-Verbot so wichtig? Warum hat die SPD-Fraktion einen Antrag im Bundestag zu dem Thema gestellt?

Die NPD ist eine verfassungsfeindliche Partei. Ihre Ideologie ist menschenverachtend, rassistisch, antisemitisch und steht dem historischen Nationalsozialismus nahe. Ihr Ziel ist der Sturz unserer verfassungsmäßigen Ordnung. Das ist unstrittig. Und der Steuerzahler muss diese Partei auch noch finanzieren. Wir müssen diesen braunen Sumpf trockenlegen. Mit unserem Antrag wollen wir den Innenausschuss des Bundestages dazu bringen, die Voraussetzungen für ein Verbot zu prüfen, damit auch der Bundestag einen Verbotsantrag stellt.

Bisher zögern FDP und CDU, eine klare Position zu einem Verbotsverfahren zu beziehen. Weshalb? Was ist deren Position?

Es ist die alte Position: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass. Alle sind sich über den Charakter der NPD einig. Aber man will nicht auf der Verliererseite sein, wenn es nicht funktioniert. Oder man sieht zu hohe Hürden. Manche glauben auch, eine legale Partei könne man besser beobachten. Für uns ist die NPD der legale Arm des organisierten Rechtsextremismus, der eng verwoben ist mit den sogenannten „Freien Kameradschaften“, den „Autonomen Nationalisten“ und mit terroristischen Gruppierungen wie dem NSU. Überall haben NPD-Funktionäre ihre Finger drin.

Nachdem der erste Versuch, die NPD zu verbieten, gescheitert ist – warum ist jetzt der richtige Zeitpunkt, einen erneuten Antrag zu stellen?

Weil wir davon ausgehen können, dass die V-Leute in den Vorständen der NPD abgeschaltet wurden. Auch die Tatsache, dass im NSU-Prozess zwei ehemalige NPD-Funktionäre auf der Anklagebank sitzen, macht deutlich, dass einige diese Partei bisher wohl falsch eingeschätzt haben.

Was wären die Konsequenzen eines scheiternden Verbotsverfahrens? Wäre damit ein Verbot in Zukunft ausgeschlossen?

Wir sollten aufhören, ständig diese Waswärewenn Diskussion zu führen. Demokratie muss wehrhaft sein, und dafür brauchen wir Mut und Tatkraft. In der Weimarer Republik gab es zu viele Zögerer und Zauderer und zu wenig mutige Demokraten wie die sozialdemokratische Reichstagsfraktion und ihren Vorsitzenden Otto Wels.

Der Bundesrat hat bereits beschlossen, einen Verbotsantrag zu stellen. Weshalb ist es nun wichtig, dass auch der Bundestag zusätzlich einen Antrag stellt?

Weil alle drei Verfassungsorgane – Bundesrat, Bundestag und Bundesregierung – an einem Strang ziehen sollten. Das wäre ein deutliches Zeichen. Die Morde des NSU haben den Fokus wieder auf Terrorismus von Rechts gelenkt. Wie haben die neuesten Ermittlungserkenntnisse die Entscheidung, einen Verbotsantrag zu stellen, beeinflusst? Natürlich haben diese terroristischen Mordtaten und die Umstände, die nun zu Tage treten, die Forderung nach einem Verbot der NPD noch einmal verstärkt. Ein damaliger NPD-Funktionär soll die Waffe besorgt, das Abtauchen des Zwickauer Trios organisiert und sie mitfinanziert haben. Das macht die Verbindungen deutlich.

Rassismus und Nationalismus sind nicht nur in der NPD zu finden. Welche Maßnahmen über ein NPD Verbot hinaus müssen getroffen werden?

Ein Verbot der NPD wird die Strukturen im ganzen rechtsextremistischen Lager erst einmal empfindlich stören. Natürlich darf das nicht das Ende des Kampfs gegen Rechts sein. Polizei und Ermittlungsbehörden müssen unterstützt werden, aber auch zivilgesellschaftlich muss dagegen gehalten werden. Wir brauchen Sozialstrukturen in den Kommunen, die nicht von Rechtsextremen dominiert werden und mehr politische Bildung. Und ich bleibe ich dabei: Ein Verbot der NPD ist eine wichtige Voraussetzung, um den gesamten braunen Sumpf trocken zu legen.

Quelle: Fraktion intern.Informationsdienst der SPD-Bundestagsfraktion. Nr. 01/ 18.02.2013.