
Die Liga der Freien Wohlfahrtspflege und die Fachwelt sind sich einig: Mit dem geplanten Hessischen Kinderförderungsgesetz werden sich die Standards in den Kindertagesstätten verschlechtern. Interview mit Thomas Domnick über konkrete Forderungen an die Landesregierung für gute Kinderbetreuung.
Frage: Die Liga Hessen kritisiert die Gesetzesvorlage zur Neuregelung der Kindertagesbetreuung. Warum?
Thomas Domnick: Liga und Fachwelt sind sich einig: Mit dem geplanten Hessischen Kinderförderungsgesetz werden sich die Standards in den Kindertagesstätten verschlechtern. Wir befürchten einen deutlichen Rückschritt hinter die bisher erreichte Qualität. Und das werden alle Betroffenen zu spüren bekommen: Kinder, Eltern und Fachkräfte.
Frage: Welche konkreten Forderungen haben Sie an die Landesregierung?
Thomas Domnick: Wir fordern die Landesregierung auf, das Gesetzesvorhaben in wichtigen Punkten zu verändern. So befürchten wir eine Entprofessionalisierung, da laut dem Gesetzesvorhaben 20 Prozent fachfremdes Personal eingestellt werden darf. Das Gesetz muss hier Zeiten für Begleitung vorsehen und klare Vorgaben machen, wann, wie und in welchem Umfang eine fachliche Weiterbildung erfolgen muss. Ziel muss ein berufsqualifizierter Abschluss sein. Zudem fehlen in dem Gesetz klare gesetzliche Vorgaben zu Rahmenbedingungen für behinderte Kinder in den Kitas. Die Landesregierung muss die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention berücksichtigen.
Wir finden es auch nicht akzeptabel, dass die Kinder in Hessen künftig in größeren Gruppen betreut werden sollen. Denn eine Umstellung auf eine so genannte kindbezogene Personalbemessung bedeutet, dass es eine volle Förderung nur noch gibt, wenn die Einrichtung voll ausgelastet ist. Dabei ermöglicht das KiföG für 3-6-Jährige Gruppen mit bis zu 25 Kindern. Bei Kindern unter drei Jahren sind es bis zu 16 Kinder. Auch setzt das Gesetz Anreize für kürzere Öffnungszeiten der Kitas. Das widerspricht den Bedarfen moderner Familien, die Kinder und Beruf unter einen Hut bringen müssen.
Frage: Was muss bei der Kinderbetreuung im Mittelpunkt stehen?
Thomas Domnick: Wir brauchen Rahmenbedingungen, die zu einer hohen Qualität der Betreuung und Bildung in den hessischen Kindertagesstätten führen. Das KiföG ist da ein Schritt in die falsche Richtung.
Frage: Wenn ich aktiv werden will – was kann ich konkret unternehmen?
Thomas Domnick: Die Liga der Freien Wohlfahrtspflege hat mit anderen sozialen Organisationen eine Kampagne gegen das KiföG gestartet. Unter dem Motto KiföG so nicht! gibt es in Hessen derzeit zahlreiche Protestaktionen vor Ort, etwa Diskussionsrunden, Demonstrationen oder Back-Aktionen. Auf der Seite www.entdecker-voraus.de finden sich konkrete Tipps zur Umsetzung solcher kreativer, öffentlichkeitswirksamer Aktionen. Außerdem kann man die Petition der Liga auf dieser Seite unterschreiben und so die Forderungen der Liga mittragen.
Thomas Domnick ist Liga-Vorstandsmitglied der Liga Hessen und Direktor des Caritasverbands für die Diözese Mainz.