
Der Landes- und Fraktionsvorsitzende der SPD Hessen Thorsten Schäfer-Gümbel hat den finanzpolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Norbert Schmitt als Letzten von insgesamt 11 Mitgliedern seiner Mannschaft für den Wahlsieg benannt. Der Landtagsabgeordnete wird künftig für den Bereich Finanzen verantwortlich sein. In den vergangenen Jahren hat sich Norbert Schmitt einen exzellenten Ruf als Finanzpolitiker erarbeitet. Mit dem Bereich Finanzen wird er eine der schwierigsten Aufgaben übernehmen. CDU und FDP haben seit ihrer Regierungsübernahme 1999 den Schuldenberg von Hessen verdoppelt. Bei einem Wahlsieg der SPD wird es an ihm liegen, durch einen radikalen Kassensturz und der Überprüfung aller Ausgaben neue haushaltspolitische Spielräume zu schaffen. Damit wollen wir wichtige Investitionen in den Bereichen Bildung, Familie, Wohnen und Infrastruktur sowie einen verlässlichen Kommunalen Finanzausgleich realisieren. Unser Ziel ist dabei auch, keine neuen Schulden spätestens ab dem Jahr 2019 mehr zu machen. Das wird vor dem Hintergrund der angespannten Haushaltslage, die Schwarz-Gelb zu verantworten hat, ein schwieriges Unterfangen. Außerdem wird es an ihm liegen, die Verhandlungen für einen neuen Länderfinanzausgleich wieder aufzunehmen und eine Reform anzustoßen. Unser Ziel wird es dabei sein, Hessen zu entlasten. Wir wollen das Klagerisiko minimieren. Die Klage kann das Land sogar teuer zu stehen kommen, wenn das Bundesverfassungsgericht die Anrechnung der kommunalen Haushalte in der jetzigen Form kassiert und eine Anhebung der 64-prozentigen Anrechnungen auf eine 100-prozentige empfiehlt. Das könnte Hessen bis zu 500 Millionen Euro kosten, sagte Schäfer-Gümbel am Mittwoch in Wiesbaden.
Auch die Bekämpfung von Steuerhinterziehung müsse in Hessen stärker voran getrieben werden. Es sei den ehrlichen Arbeitnehmer und Unternehmern nicht zu erklären, warum sie ihre Steuern und Abgaben regelmäßig und pünktlich bezahlen sollen und andere sich ihrer Verantwortung entziehen. Gemeinsam mit der Kollegin Faeser werde Norbert Schmitt zudem die Frage der Staatsmodernisierung aufnehmen. Dazu habe die SPD bereits mehrfach eine Enquete-Kommission des Landtags unter Beteiligung der Gewerkschaften vorgeschlagen.
Schmitt bezeichnete die Herausforderungen an die Finanzpolitik in Hessen in den nächsten Jahren als gigantisch. CDU und FDP haben der zukünftigen Landesregierung schwere Hypotheken hinterlassen. Die Schulden des Landes wurden verdoppelt. Die dadurch angehäufte Zinsbelastung ist mit rund 1,4 Milliarden Euro und einem erheblichen Zinsrisiko eine schwere Last. Auch die zu zahlenden Mieten für die verkauften und weiter benötigten Landesimmobilien sind eine enorme Belastung. Das alles führt dazu, dass wir auf einem finanzpolitischen Pulverfass sitzen, sagte der SPD-Finanzexperte.
Mit 1,3 Milliarden Euro im Jahr 2013 beziehungsweise 1,1 Milliarden Euro sei die Nettoneuverschuldung weiterhin auf einem zu hohen Niveau. Für 2013 und vor allem für das Jahr 2014 gäbe es zudem hohe Haushaltsrisiken. Die Rücklagen seien nahezu vollständig geplündert. Im neuen Finanzplan sind für die Jahre 2015 bis 2017 globale Minderausgabe und globale Mehreinnahmen in Höhe von insgesamt 750 Millionen Euro eingestellt, also ungedeckte Schecks in die Finanzplanung eingebracht worden, sagte Schmitt.
Die Konsequenzen aus der unverantwortlichen Finanzpolitik der Landesregierung, bergen enorme Unabsehbarkeiten. Das Urteil des Staatsgerichtshofes zur angemessenen Finanzierung der Kommunen sei bis 2016 umzusetzen. Die hessischen Kommunen sind in einer desolaten Situation, sie haben das mit Abstand höchste Defizit aller Bundesländer. Das kann und wird unter sozialdemokratischer Führung so nicht weitergehen. Es gibt einen erheblichen Finanzierungsbedarf für Infrastrukturmaßnahmen, etwa in Straße, Schiene und Wohnen. Außerdem existieren Finanzierungsbedarfe im Bildungsbereich und bei der Kinderbetreuung. Im Personalbereich gibt es einerseits einen erheblichen Überhang in den obersten Landesbehörden, andererseits durch den Austritt aus der Tarifgemeinschaft deutscher Länder Ungerechtigkeiten, die schrittweise zu beseitigen sind. Der Sozialbereich war in der Vergangenheit die Spardose der Landesregierung, hier gibt es ebenfalls deutlichen Nachholbedarf, so der SPD-Abgeordnete.
Dies alles führt dazu, dass eine künftige Landesregierung den Dreiklang von effektivem Wirtschaften, Einsparen, wo es verantwortbar und sinnvoll ist und Einnahmen steigern durch eine gerechte Steuerpolitik beherzigen muss. Auf diesem Weg neue finanzielle Gestaltungsspielräume zu schaffen, wird die zentrale Herausforderung sein. Nach einem Kassensturz gilt es zahlreiche Landesprogramme zu durchforsten, die hohen Sachaufwendungen zu überprüfen und strukturelle Fehlentscheidungen, wie beispielsweise das zentrale Schulamt oder die jetzige Strukturierung der Hessenagentur zu korrigieren. Wir werden aber auch die Anzahl der Steuerfahnder und Betriebsprüfer Schritt für Schritt erhöhen und den Innendienst stärken, um die dem Staat eigentlich zustehenden Einnahmen erheben zu können. Zudem möchte ich den Ankauf von Steuer-CDs eindeutig regeln und dafür endlich auch in Hessen grünes Licht geben, so Schmitt.
Die SPD setze klar auf einen Wahlsieg auch auf Bundesebene. Die Erhöhung des Spitzensteuersatzes, die Mehreinnahmen in Höhe von 200 Millionen Euro für Hessen bedeuten würden, die Wiedereinführung der Vermögensteuer mit einem Mittelzufluss in Höhe von 800 Millionen Euro und die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns mit 120 Millionen Euro brächten neue Möglichkeiten in den Landeshaushalt so Schmitt.