Hitzlsperger hilft – auch gegen die Union

Das Outing von Thomas Hitzlsperger ist richtig und hilfreich auf dem Weg zu 100 Prozent Gleichstellung. Aber auch die intolerante Politik der Union führe dazu, dass Menschen sich nicht trauen, sich zu outen, erklärt der Vorsitzende der Schwusos Ansgar Dittmar.

Was sagst Du zum Outing des Fußballers Thomas Hitzlsperger?

Ansgar Dittmar: Schön, dass sich der erste prominente deutsche Fußballer geoutet hat. Er ist damit ein gutes Beispiel für viele andere Spieler, die ebenfalls Männer lieben. Während mit dem Thema Homosexualität bei Fußballerinnen schon viel offener umgegangen wird, ist es bei Männern noch schwierig. Thomas Hitzlsperger hat deswegen ein gutes Beispiel gegeben. Der DFB und die Ligavereine sollten das als Ansporn nehmen, schwulen Spielern Hilfe und Unterstützung zu geben, um sich nicht verstecken zu müssen.

Was schließt Du aus den Reaktionen zum Stand der Gleichberechtigung in unserem Land?

Ansgar Dittmar: Die Reaktionen waren ja überwiegend positiv. Dennoch finde ich einige Reaktionen eher bigott. Wenn Frau Merkel über ihren Sprecher ausrichten lässt, dass niemand wegen seiner sexuellen Identität Angst haben soll, fehlt es aber bei der Union an der klaren politischen Umsetzung eines dementsprechenden Klimas. Das ist auf der einen Seite Aufgabe der Gesellschaft, aber auch der politische Auftrag, Gesellschaft zu gestalten. Auch die intolerante Politik der Union führt doch dazu, dass Menschen sich nicht trauen, sich zu outen. Auch wenn Frau Merkel Schwule und Lesben zum Teil in ihrem direkten Umfeld hat, muss sie ihr „Unwohlsein“ bei 100 Prozent Gleichstellung endlich ablegen. Politik ist Vorbild, auch hier!

Die SPD ging mit der Forderung „100% Gleichstellung“ in den Wahlkampf. Was muss jetzt weiter umgesetzt werden?

Ansgar Dittmar: Die 100 Prozent haben wir leider auch im Koalitionsvertrag nicht umsetzen können. Es gibt niemanden, den das mehr ärgert als mich. Aber – trotz einem guten Programm haben wir leider nur rund 25 Prozent der Wählerstimmen erreichen können. Da war die 100% Gleichstellung mit dieser Union zunächst nicht umzusetzen. Aber wir bewegen uns in einem ständigen gesellschaftlichen Wandel und das Outing von Hitzlsperger hat deutlich gemacht, wie wichtig es ist, dass es Vorbilder gibt.
Die Union wird sich die kommenden vier Jahre nicht hinter dem Koalitionsvertrag und vor der Realität verstecken können. Insofern werden jetzt zügig die steuerrechtliche Gleichstellung und die Sukzessivadoption umgesetzt. Die Volladoption muss aber bald folgen. Die Öffnung der Ehe und die Ergänzung von Art. 3 GG um die sexuelle Identität stehen aber weiterhin auf der sozialdemokratischen Agenda. Darüber hinaus müssen wir Maßnahmen erarbeiten, wie mit der Alltags-Homophobie umgegangen wird, auch in den Fußballstadien. Insofern ist das Outing von Thomas Hitzlsperger wichtig und hilfreich.

Ansgar Dittmar ist Bundes- und Bezirksvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Lesben und Schwule (Schwusos).