Untersuchungsausschuss muss Umstände der rechtswidrigen Biblis-Stilllegungs-Verfügung klären

Norbert Schmitt hat die dringende Notwendigkeit der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses mit den „zahlreichen offenen Fragen an die Landesregierung und dem dringenden Aufklärungsbedarf“ begründet. „Weil noch längst nicht alle Vorgänge und Verantwortlichkeiten um die rechtswidrige vorläufige Stilllegungsverfügung der beiden Atomkraftwerksblöcke in Biblis geklärt sind und keine weiteren Aufklärungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, muss jetzt ein Untersuchungsausschuss Licht in die Angelegenheit bringen“, sagte Schmitt am Donnerstag in Wiesbaden.

„Dem Land ist durch das rechtswidrige Vorgehen bereits heute ein Schaden in Höhe von drei Millionen Euro für Anwalts- und Gerichtskosten entstanden. Das finanzielle Risiko, dass eine Klage von RWE gegen das Land Hessen haben würde, ist um ein Vielfaches höher. Auch nach mehrfacher Einsicht der Akten im Umweltministerium bleiben allerdings viele Fragen offen, zumal die Akten im damaligen Puttrich-Ministerium schlampig geführt worden sind. Deshalb wollen wir der Frage nachgehen, wer für die Anordnung zur vorläufigen Stilllegung der beiden Biblis-Blöcke verantwortlich ist und welche Umstände zum rechtswidrigen Verhalten im Zusammenhang mit der Stilllegung vom 18. März 2011 geführt haben“, so der SPD-Politiker.

Die CDU – insbesondere die hessische – habe Jahrzehnte lang die Gefahren der Atomenergie verniedlicht. Angesichts der schrecklichen Ereignisse von Fukushima sei sie dann offenbar in Hektik verfallen. Innerhalb von vier Tagen habe die CDU – auch aus wahltaktischen Gründen vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg – alle rechtsstaatlichen Vorgaben über Bord geworfen und eine nicht rechtssichere Stilllegungsverfügung erlassen. Der Ausstieg aus der Atomkraft ist und bleibe richtig, aber in einem Rechtsstaat müsse er korrekt vollzogen werden. Deshalb gelte auch hier: Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht. Dilettantismus und Unfähigkeit führten zur Rechtswidrigkeit. Diese Rechtswidrigkeit kann den Steuerzahler sehr, sehr teuer kommen. Der Untersuchungsausschuss müsse nun klären, wer dafür verantwortlich ist.

„Der Untersuchungsausschuss muss die Rolle der damals zuständigen Ministerin – Frau Puttrich – ebenso untersuchen, wie die Einflussnahme des Ministerpräsidenten auf die rechtswidrige Verfügung“, so Schmitt. Die Frage liege auf der Hand: Hat der Ministerpräsident um die rechtliche Brisanz der Verfügung gewusst und wollte er deshalb den Schwarzen Peter per Formulierung nach Berlin schieben? Und zur Dauerausrede der Hessen-CDU, der Bund habe den Hut aufgehabt und das Land Hessen angewiesen, werde sicherlich der ehemalige Bundesumweltminister Röttgen für Aufklärung sorgen können.

„Vor allem muss vom Untersuchungsausschuss geklärt werden, warum auf die rechtsstaatlich gebotene Anhörung verzichtet wurde. Dazu geben weder die bisher vorgelegten Akten noch Aussagen der Landesregierung eine Antwort. Es muss zudem geklärt werden, warum der Warnung aus dem Justizministerium nicht nachgegangen wurde. Und der Untersuchungsausschuss muss klären, warum eine Anhörung nicht nachgeholt wurde, um wenigstens Schadensminimierung zu betreiben“, sagte der atompolitische Sprecher.

„Ich habe noch nie eine solche handwerklich miserable und anfängerhafte Verfügung gesehen, wie diese, in einer wahrlich sehr wichtigen Angelegenheit mit erheblichen rechtlichen und finanziellen Folgen. Damit hat Hessen ein trauriges Alleinstellungsmerkmal. In keinem anderen Bundesland wurde die einstweilige Stilllegung aus dem März 2011 beklagt und in keinem anderen Land droht deshalb eine hohe Schadensersatzleistung durch das Land gegenüber dem Atomkraftwerksbetreiber. Wir hoffen sehr, dass insbesondere die Grünen – sowohl was das Verfahren und den Ablauf des Untersuchungsausschusses als auch das Aufklärungsinteresse betrifft – sich noch an ihre Aussagen vor wenigen Monaten erinnern können. Die Öffentlichkeit jedenfalls hat ein Recht darauf zu erfahren, warum Rechtsstaatsprinzipien über Bord geworfen wurden, deshalb hohe Schadensersatzforderungen drohen und wer dafür die Verantwortung trägt“, sagte Schmitt.