Die Richtung ist nicht erkennbar, es fehlt an Schwerpunkten und langfristigen Perspektiven

Der hessische SPD-Fraktions- und Landesvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel hat in einer heutigen Pressekonferenz eine Bewertung der schwarz-grünen Politik in Hessen in den vergangenen zwei Jahren vorgenommen.

„Die Landespolitik wurde im vergangenen Jahr von einem Thema bestimmt: der Flüchtlingspolitik. Wir sind froh, dass es bisher gelungen ist, in dieser Frage mit der schwarzgrünen Landesregierung insgesamt gemeinsam vorgehen zu können. Schließlich geht es um nicht weniger, als den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das ist eine Aufgabe, der sich alle verantwortungsvollen Parteien gemeinsam stellen sollten.

Wir haben mit der Landesregierung auf Maßnahmen geeinigt und dabei eine Unterstützung für wichtige sozialdemokratische Ziele erreicht. Hessen wird 50 Millionen Euro in die Förderung bezahlbaren Wohnraums investieren, zusätzliche sechs Millionen Euro in den Ausbau echter Ganztagsschulen und die Polizei mit rund fünf Millionen Euro unterstützen. Das ist ein gutes Ergebnis für die Menschen in Hessen und für die Sozialdemokratie.

Dennoch darf die Landesregierung mit Blick auf die Kommunalwahl hier nicht versuchen, den Städten, Kreisen und Gemeinden durch Verschiebespielchen den schwarzen Peter bei der Flüchtlingsunterbringung in die Schuhe zu schieben. Die Kommunen dürfen nicht in eine Situation gebracht werden, in der sie Turnhallen, die die Landesregierung heute unter mit viel öffentlichem TamTam räumt, morgen wieder belegen müssen. Die Landesregierung muss hier gesamtverantwortlich denken – keiner darf gegeneinander ausgespielt werden. Auch nicht die Kommunen gegen das Land. Man darf hier auch nicht vergessen, dass es vor allem die Kommunen waren, die nach einem ruckeligen Start die Flüchtlingsversorgung in Hessen auf einen guten Weg gebracht haben“, sagte der Sozialdemokrat.

„Wir werden auch keine Politik der gespaltenen Zunge akzeptieren und unterstützen. Leider gibt es in den vergangenen Tagen dazu zunehmend Hinweise. Ich warne die Landesregierung eindrücklich davor, da sonst die gemeinsame Basis schnell brüchig wird“, so TSG.

Neben der Flüchtlingspolitik habe Schwarz-Grün allerdings in vielen Bereichen Aktionismus mit Aktion verwechselt. „Der Bildungsgipfel ist an den unveränderlichen bildungspolitischen Dogmen der CDU gescheitert. Sie hat die Grünen schlicht auflaufen lassen und brüskiert. Die Chance, mehr Bildungsgerechtigkeit zu realisieren, war da. Die notwendigen Mehrheiten hätte es im Bildungsgipfel gegeben. Aber den Grünen ging Harmonie und Schonung des Koalitionspartners über Gestaltung. Gute Bildung ist das Fundament für Zusammenhalt – hier versagt Schwarz-Grün. Hessen hat in Studien immer wieder die rote Laterne, wenn es um Chancengleichheit von Kindern geht. Das wird Schwarz-Grün nicht ändern“, sagte der SPD-Politiker.

Auch bei der Energiewende bewege sich wenig. „Schwarz-Grün hinkt den selbst gesteckten Zielen etwa bei der Windkraft hinterher – teilweise können alte Anlagen nicht einmal erneuert werden. Dass man jetzt einzelne zusätzliche Windräder oder Öko-Bauernhöfe auszählt und dagegen stellt, ist zu wenig“, sagte Schäfer-Gümbel.

Stillstand herrsche auch beim Verkehr. „Der Sanierungsstau in der Infrastruktur wird maximal halbherzig angegangen. Außer, dass „Staufreies Hessen“ nun „MobilHessen2020“ heißen soll, wird politisch wenig umgesetzt. Und das in Zeiten derart niedriger Zinsen, in denen Investitionen noch sinnvoller wären.“

Das von den Grünen hochgelobte Sozialbudget sei eine Mogelpackung. „Jeder Euro für den Sozialbereich ist richtig und wichtig – allerdings zu behaupten, damit würden die Einsparungen der hessischen CDU aus der Operation düstere Zukunft von 30 Millionen Euro rückgängig gemacht werden, ist schlicht die Unwahrheit. Etwa 1/3 der veranschlagten Förderungen wurde wieder hergestellt. Obdachlosenhilfe und Erziehungsberatung etwa haben keinen Cent zurückbekommen. Dafür werden andere Projekte nun einfach mit hinein gerechnet “, so Schäfer-Gümbel.

„Kein Blatt Papier“ passe zwischen Schwarz-Grün aber, wenn es um den Umgang mit den Kommunen gehe. „Der neue kommunale Finanzausgleich belastet weiter die Handlungsfähigkeit der Kommunen. Dass deren Spitzenverbänden am Ende eine Zustimmung abgepresst wurde, macht das Ergebnis nicht besser. In den Städten, Gemeinden und Kreisen wird der gesellschaftliche Zusammenhalt maßgeblich gestaltet. Wer diese Ebene „kurz hält“, vergeht sich an der Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Weil in Wiesbaden gespart werden muss, müssen Kommunalpolitiker vor Ort auf wichtige Investitionen verzichten, Gebühren und Abgaben erhöhen und Schwimmbäder, Büchereien und Einrichtungen für Jugendliche und Senioren schließen“, sagte Schäfer-Gümbel.

Bei der Aufklärung rechtswidriger Vorgänge, ob bei den offenen Fragen zu den NSU-Verbrechen oder bei der rechtswidrigen Stilllegung des Atomkraftwerks Biblis und der Polizeichefaffäre, seien Schwarz-Grün an Aufklärung nicht wirklich interessiert und behinderten mancherorts sogar die Ausschussarbeit. „CDU und Grüne erwecken den Eindruck, offenkundig rechtswidrige Vorgänge unter den Koalitionsteppich kehren zu wollen. Rückgrat und Haltung sehen anders aus“, so Schäfer-Gümbel.
Haltung vermisse Schäfer-Gümbel auch bei der Personalie Irmer. „Unter einem schwarz-grünen Schutzschirm kann dieser rechtspopulistische Brandstifter weiter seine ausländerfeindlichen und homophoben Thesen verbreiten und dabei noch als Ausschussvorsitzender ein repräsentatives Amt im Hessischen Landtag bekleiden. Das ist nur schwer zu ertragen!“

Schäfer-Gümbel wies darauf hin, dass Schwarz-Grün sich weitgehend im tagespolitischen Klein-Klein ergehe, dabei aber keine langfristigen Ziele und Perspektiven verfolge. „Es ist keine Richtung erkennbar. Politisch braucht es auch einmal einen großen Wurf. Wir als SPD konkretisieren zum Beispiel gerade, wie es gelingen kann gebührenfreie Kitas in Hessen einzuführen. Familien in Hessen werden dadurch finanziell immens entlastet. Kinder werden frühzeitig gefördert – auch Kinder, die unsere Sprache lernen wollen. Und wir fördern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Das sind nicht drei Wünsche auf einmal, sondern ein Beispiel für Politik, das uns alle wirklich stärkt. Schwarz-Grün ist hier leider blank“, so der SPD-Politiker.

Zusammenfassend sagte er: Bei Schwarz-Grün haben sich zwei zusammengefunden, von denen sich der eine, die Union, der Modernisierung der Gesellschaft und der andere, die Grünen, der Modernisierung der Infrastruktur verweigert. Was bei einer solchen Konstellation herauskommt ist klar: Stillstand.