
Die SPD-Fraktion im Hessischen Landtag hat die Landesregierung aufgefordert, gegen die ehemalige Umweltministerin Lucia Puttrich (CDU) ein Schadenersatzverfahren einzuleiten. Die Ministerin müsse dafür haften, dass sie durch ihre rechtswidrige Verfügung zur Stilllegung des AKW Biblis bereits jetzt einen finanziellen Schaden in Höhe von drei Millionen Euro für das Land angerichtet habe. Dieser Betrag entspreche den bisher aufgelaufenen Prozess- und Anwaltskosten des Landes in der Auseinandersetzung mit dem Kraftwerksbetreiber RWE.
Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Norbert Schmitt, sagte am Mittwoch im Hessischen Landtag: Wer wie die Landesregierung den Volkswagenkonzern verklagen will, weil dessen Dieselaffäre den Aktienkurs belastet und so das Land Hessen als Anteilseigner viel Geld gekostet hat, der muss auch gegenüber Kabinettsmitgliedern konsequent sein. Frau Puttrich hat damals ihre Amtspflichten als Umweltministerin sehenden Auges verletzt. Gemäß Paragraph 48 des Beamtenstatusgesetzes ist sie für den Schaden verantwortlich, der daraus entsteht.
Schmitt sagte, die damalige Umweltministerin habe aus rein politischen Gründen nämlich wegen der in anderen Ländern bevorstehenden Landtagswahlen auf die notwendige Anhörung der Betreiber von Biblis verzichtet und damit vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig gehandelt. Ein Schadenersatzverfahren gegen die Ministerin sei überfällig, weil zum Jahresende die Verjährung drohe, so Schmitt.
Der SPD-Finanzexperte verwies auf Urteile des Oberverwaltungsgerichtes Lüneburg und des Verwaltungsgerichtes Koblenz, die einen Schadensersatzanspruch des Staates gegenüber Polizeibeamten bejaht haben, weil diese versehentlich ihr Dienstfahrzeug mit Diesel statt Benzin betankt hätten. Was wäre das für ein Staat, der die Unaufmerksamkeit von Polizisten ahndet, aber eine Ministerin davonkommen lässt, die ganz bewusst eine rechtswidrige Entscheidung getroffen hat?, fragte Schmitt.
Ministerin Puttrich habe gegen den Rat ihres zuständigen Abteilungsleiters, des Justizministeriums und nach Remonstration der Atomabteilung ihres Ministeriums deren Stellungnahmen wurde in den Papierkorb geworfen festgelegt und vorgegeben, auf eine Anhörung von RWE zu verzichten.
Schmitt erinnerte an die Aussage des damaligen Atomabteilungsleiters Finke: Die Entscheidung auf die Anhörung durch das HMUELV zu verzichten, ist nicht auf Grund einer Beratung der Fachabteilung erfolgt; sie ist der Fachabteilung von der Hausleitung vorgegeben worden. (HMUELV, Bd. VI, Bl.1184 1178) Vor dem Untersuchungsausschuss habe der Abteilungsleiter bekräftigt: Frau Ministerin hatte gesagt: Wir machen keine Anhörung. Ihr in der Fachabteilung bringt eine Formulierung, die diesen Verzicht, dieses Absehen von der Anhörung sozusagen rechtfertigt und verteidigt. (S.159 des Protokolls vom 28.11.2014).
Norbert Schmitt stellte fest, dass Frau Puttrich offensichtlich geschont werden solle, weil sonst auch Ministerpräsident Bouffier verstärkt in den Blickpunkt rücke, der zusammen mit der Bundeskanzlerin an Recht und Gesetz vorbei den Atomausstieg verkündet habe. Noch ist Frau Puttrich das Schutzschild für den Ministerpräsidenten. Aber anscheinend soll sie nun doch aus der Schusslinie genommen werden, weil die kritischen Veröffentlichungen zunehmen, sagte Schmitt im Landtag.
Er machte deutlich, dass die Angelegenheit für die Landesregierung nicht abgeschlossen sei. Zwar könne Schwarz-Grün zunächst verhindern, dass unabhängige Gerichte die Frage der vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Amtspflichtverletzung klärten. Dann aber stelle sich die Frage, ob sich die Landesregierung der Untreue zulasten Hessens schuldig mache, so Schmitt.