Den Blick nach vorne richten wollte die hessische CDU auf ihrem 115. Landesparteitag. Mit Kraft- und Ideenlosigkeit lasse es sich aber nur schwer nach vorne blicken, resümierte der Generalsekretär der hessischen SPD, Christoph Degen, die Veranstaltung in Willingen. Neben einer dramatischen Inszenierung sei der Landesparteitag der CDU von einer allgegenwärtigen inhaltlichen Leere geprägt gewesen. „Über den fehlenden klaren Kurs für Hessen konnte auch Volker Bouffier in seiner Rede nicht hinwegtäuschen, denn es ist seine Partei, die seit Jahren durch eine ausgeprägte Konzeptionslosigkeit auffällt. Noch verehrender ist diese während der Corona-Pandemie geworden, als so vieles in unserem Bundesland gefehlt hat: Schutzausrüstung für Krankenhäuser und Pflegekräfte, klare Vorgaben für Schulen und Kitas, Tablets für Schülerinnen und Schüler und vor allem eine anständige Wirtschaftspolitik“, kritisierte Degen. Das, was CDU-Landeschef Bouffier in seiner Rede als politische Führung bezeichnet habe, sei nicht mehr als ein fahrlässiger Schlingerkurs. „Es grenzt schon an Hohn, wenn Bouffier heute davon spricht, dass es Soloselbstständige und Schausteller in der Krise besonders schwer haben. Seine Landesregierung ist es, die diesen Berufsgruppen seit Monaten die entsprechenden Hilfen verwehrt“, so der SPD-Generalsekretär. Als mindestens genauso abenteuerlich bewertete Degen die Aussage Bouffiers, dass Hessen an der Spitze der Digitalisierung marschieren werde. So manche Lehrerein und so mancher Lehrer hätte an dieser Stelle sicher herzhaft gelacht, kritisierte Degen. Hessens Schulen und auch der Netzausbau könnten längst weiter sein, wenn die CDU die Defizite bei der Digitalisierung nicht so lange schöngeredet und sich gegen Hilfen vom Bund gesträubt hätte.
Die CDU wolle verlässlich bleiben, hatte Bouffier in seiner Bewerbungsrede zum CDU-Landesvorsitzenden erklärt. „Zumindest dieser Ankündigung kann ich Glauben schenken, denn ich bin mir sicher, dass die CDU auch in den kommenden Jahren verlässlich bleiben wird – nämlich im Nichtstun“, so der hessische SPD-Generalsekretär. Wenn Bouffier von Besinnung und Besonnenheit in Zeiten der Krise spreche, scheine er beides mit Zögern und Zaudern zu verwechseln. Zu oft sei in den vergangenen Monaten Verantwortung auf andere, meist untere Ebene und insbesondere die Kommunen abgeschoben worden, anstatt Entscheidungen zu treffen.
Gezögert und gezaudert habe die hessische CDU auch immer wieder in der NSU-2.0-Affäre. Schwere Versäumnisse und mangelnde Entschlossenheit warf Degen Bouffier und seiner Partei bei der Aufklärung der Affäre vor: „So lange die hessische CDU den Innenminister stellt, wird es bei leeren Versprechungen bleiben: bei der Aufklärung und bei der Bekämpfung des aufkeimenden Rechtsextremismus.“
Insgesamt habe sich heute in zwei Hallen und auf diversen Monitoren eine rückwärtsgewandte, inhaltlich verbrauchte und personell ausgezehrte CDU gezeigt, deren Führungspersonal sich nicht mehr aufraffen könne, die Zukunft Hessens zu gestalten. „Von Erneuerung war heute keine Spur. Die hessische CDU hat die Themen verschlafen, die darüber entscheiden, wie wir morgen und übermorgen in unserem Land leben und wie wir aus dieser Krise hervorgehen. Und sie ist auch heute nicht aufgewacht“, fasste Degen zusammen.