Gleichberechtigung von Frauen und Männern

Auch in Hessen ist die verfassungsrechtlich garantierte Gleichberechtigung von Frauen und Männern noch immer in vielen Bereichen nicht gesellschaftliche Realität. Frauen und Männer genießen im täglichen Leben zwar formal dieselben Rechte. Gesellschaftliche, politische, wirtschaftliche und kulturelle Ungleichheiten bestehen aber weiterhin.

Für uns ist die ausgewogene Mitwirkung von Frauen und Männern an Entscheidungsprozessen eine der Grundbedingungen einer demokratischen Gesellschaft. Deswegen setzen wir uns für eine Änderung der Hessischen Verfassung ein, die beinhaltet, dass das Land, seine Gebietskörperschaften und andere Träger der öffentlichen Verwaltung die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern fördert und auf die Beseitigung bestehender Nachteile hinwirkt.

Wir wollen eine emanzipative Frauenpolitik, die in allen gesellschaftlichen Bereichen für Geschlechtergerechtigkeit sorgt. Deswegen bedarf es einer Überprüfung aller Gesetzesinitiativen nach Genderaspekten und einer geschlechtersensiblen Haushaltspolitik.

1. Gleiche Aufstiegschancen und gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Wir wollen, dass Frauen genauso gut verdienen und nach den gleichen Kriterien entlohnt werden wie ihre männlichen Kollegen. Frauen verdienen immer noch, auch in Hessen, wie der regionale Lohnatlas zeigt, weniger und sind in Führungspositionen unterrepräsentiert. Häufig von Frauen ergriffene Berufe werden auch bei großer damit verbundener Verantwortung schlechter honoriert als klassische Männerberufe. Aber auch bei gleicher Arbeit verdienen Frauen im Durchschnitt weniger.

Eine SPD-geführte Landesregierung wird sich dafür einsetzen, dass die Transparenz von Entgeltregelungen, die in Unternehmen über 200 Beschäftigten gilt, auch auf klein- und mittelständische Betriebe erweitert wird.

Wir unterstützen eine Aufwertung und bessere Entlohnung verantwortungsvoller Berufe, in denen vor allem Frauen tätig sind – so wollen wir die Eingangsbesoldung für das Grundschullehramt anderen Lehrämtern angleichen. Die Aufwertung und bessere soziale Anerkennung von Familien und Pflegeleistungen und eine entsprechende Entlohnung der Pflegeberufe ist ebenfalls notwendig, damit diese Berufe, in denen vor allem Frauen beschäftigt sind, attraktiver werden. Gleichzeitig wollen wir bereits in der Schule eine Berufs- und Studienorientierung von jungen Frauen fördern, die sie dabei unterstützt, klassische Geschlechterrollen bei der Berufswahl zu überwinden und sie für besser bezahlte naturwissenschaftlich-technische Fächer und Berufe und ebensolche Studiengänge zu sensibilisieren. Ein „Girls‘Day“ pro Jahr ist hierfür nicht hinreichend.

Wir setzen uns auf allen Ebenen dafür ein, die Lohnkluft zwischen Männern und Frauen abzubauen.

2. Mehr Familienfreundlichkeit im Job hilft Männern und Frauen

In der „Rushhour“ des Lebens, in der Berufstätigkeit mit der Betreuung von (Klein-)Kindern und/oder der Pflege von Angehörigen zusammentrifft, wollen viele Frauen und auch immer mehr Männer besonders eines: Flexibilität. Die Digitalisierung bietet dabei Chancen, die sowohl Arbeitnehmer/-innen als auch Arbeitgeber/-innen nutzen (können). Homeoffice oder Shared-office-Systeme sowie flexible Arbeitszeitmodelle erleichtern es, Familienzeiten und Arbeitszeiten nach ihrem Bedarf über den Tag zu verteilen. Diese Möglichkeiten müssen nicht nur gesetzlich verordnet, sondern auch politisch gewollt und praktisch umgesetzt sowie reguliert werden. Hierfür setzen wir uns als SPD ein. Wir werden jedoch dafür Sorge tragen, dass die Erwerbsarbeit und Freizeit auch in flexiblen Modellen zeitlich klar voneinander abgrenzbar bleiben. Wir sind überzeugt, dass in Zeiten des demografisch bedingten Fachkräftemangels solche Modelle für Unternehmen zunehmend attraktiv werden, um qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten.

3. Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit

Vor allem Frauen sind von der sogenannten Teilzeitfalle betroffen, das heißt, sie können nach einer Arbeitszeitreduzierung für die Familie nicht wieder in Vollzeit zurückkehren. Dies wirkt sich negativ auf Einkommen, Rente und soziale Absicherung aus. Wir wollen Frauen die Möglichkeit geben, die Planung über Karriere und Berufsleben selbst in die Hand zu nehmen.

Wir begrüßen wir, dass die SPD im Koalitionsvertrag der Großen Koalition auf Bundesebene das Rückkehrrecht von Eltern in Vollzeit durchgesetzt hat. Eine SPD-geführte Landesregierung wird sich für eine möglichst schnelle und unbürokratische Umsetzung und für die Förderung flexibler Rückkehrmodelle, z. B. durch Telearbeit, starkmachen. Wir werden dazu beitragen, dass alle Eltern über ihre neuen Rechte informiert werden.

4. (Wieder-) Einstieg in die Erwerbstätigkeit

Zunehmend mehr Frauen und auch Männer können von den Verbesserungen bei der Elternzeit und bei der Pflege von Angehörigen nicht profitieren, da sie sich nicht in regulären Arbeitsverhältnissen befinden. Wir setzen uns dafür ein, dass die Regelungen der Bundesagentur für Arbeit besser an die Bedürfnisse dieser Menschen angepasst werden und vor allem, dass die Landesförderung für Wiedereinstiegsprogramme und -projekte deutlich ausgeweitet wird.

5. Hessisches Gleichberechtigungsgesetz verbindlicher ausgestalten

Wir wollen, dass der öffentliche Dienst Vorbild im Bereich der Gleichberechtigung ist. Wir wollen dazu ein wirkungsvolles Hessisches Gleichberechtigungsgesetz (HGlG). Die bisherigen Veränderungen am HGlG zeigen keine Wirkung. Es gibt nach wie vor Ministerien in der Landesregierung, die auf der Ebene der Abteilungsleiterstellen frauenfreie Zonen sind: das Innenministerium, das Wirtschaftsministerium und das Finanzministerium.

Deshalb ist es notwendig, die Frauenbeauftragten zu stärken, sie angemessen auszustatten und ihnen starke Instrumente an die Hand zu geben, um Gleichberechtigung tatsächlich durchsetzen zu können. Dafür müssen Sanktionsmöglichkeiten und Kontrollmechanismen im HGlG festgeschrieben werden.

Zudem treten wir für eine tatsächliche paritätische Gremienbesetzung und für die Ausweitung des Geltungsbereichs des HGlG ein. Unter anderem soll der Geltungsbereich auf Unternehmen ausgeweitet werden, an denen das Land bzw. die Kommunen mehrheitlich Anteilseigner sind.

6. Frauen in der Wissenschaft gleichstellen

Obwohl der Anteil von Frauen an den Studierenden und im Mittelbau der Universitäten ständig gestiegen ist, sind sie im Bereich der Professuren an den Hochschulen in Hessen noch immer unterrepräsentiert. Auf Teilzeitstellen und befristeten Stellen sind Frauen deutlich überrepräsentiert. Wir werden die Wissenschaftslaufbahn durch eine bessere Vereinbarkeit mit Familie attraktiver für weibliche Nachwuchskräfte machen und streben einen Frauenanteil von 50 % der Professuren an. Auf die Verankerung von Zielquoten bei Promotionen und Habilitationen werden wir hinwirken, um den Frauenanteil in diesem Bereich erkennbar zu erhöhen. Insgesamt wollen wir prekäre Arbeitsverhältnisse an Hochschulen ebenso wie befristete Arbeitsverträge zugunsten unbefristeter Stellen abbauen, davon profitieren mehrheitlich Frauen.

Über 12.000 Menschen arbeiten an hessischen Hochschulen im nichtwissenschaftlichen Bereich, der überwiegende Teil davon sind Frauen. Ihre Fortbildungs-, Qualifizierungs- und Aufstiegsmöglichkeiten müssen von den Hochschulen geplant und dokumentiert und vom Land kontrolliert werden.

7. Frauenanteil in Führungspositionen erhöhen

Wir wollen erreichen, dass Frauen gleichermaßen in Führungspositionen gelangen wie Männer. In einer Vielzahl von Unternehmen mit Beteiligung des Landes Hessen gibt es keine Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten.

In gerade einmal zehn von 47 Unternehmen mit Landesbeteiligung gibt es Frauenförderpläne. Die Anzahl von Frauen in Aufsichtsräten und Geschäftsführungen von Unternehmen mit Landesbeteiligung liegt zum Teil bei 0 %. Das werden wir ändern und diesbezüglich eine Ausweitung des Geltungsbereichs des HGlGs vornehmen.

8. Diskriminierung bekämpfen

Frauen sind häufig Opfer von Diskriminierung. Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Die Diskriminierung von Frauen muss auf allen Ebenen bekämpft werden. Wir wollen keine herabwürdigenden Frauenbilder in der Öffentlichkeit.

9. Frauen im Alter unterstützen

Ältere und hochbetagte Frauen sind besonders häufig von Altersarmut bedroht – eine direkte Folge jahrzehntelanger Benachteiligung im Erwerbsleben und daraus resultierender niedrigerer Rentenansprüche. Wir unterstützen die SPD auf Bundesebene bei der Einführung einer solidarischen Lebensleistungsrente, die Familien- und Pflegezeiten berücksichtigt. Gleichzeitig stärken wir durch mehr Gleichstellung im Berufsleben die Rentenansprüche zukünftiger Generationen.

Auch im fortgeschrittenen Alter engagieren sich Frauen in Familie, Politik und Gesellschaft. Dabei sind sie es, die häufig die unterstützenden Aufgaben wahrnehmen und im Hintergrund bleiben. Daraus ist erklärbar, dass bei allen Ehrungen, die das Land Hessen vergibt, allein bei der Pflegemedaille die Frauen die Mehrzahl der Geehrten darstellen. Wir wollen, dass das ehrenamtliche Engagement von Frauen in weiteren Bereichen im öffentlichen Bewusstsein eine deutlich größere Rolle spielt. Deshalb setzen wir uns dafür ein, dass auch andere Kriterien für die Ehrungen des Landes berücksichtigt werden.

10. Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Unser Sozialstaat erwartet von jeder erwerbstätigen Person bis zum Rentenalter Erwerbstätigkeit. Dies setzt eine partnerschaftliche Aufgabenteilung zwischen Männern und Frauen voraus. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf muss deshalb Angelegenheit von beiden Elternteilen sein. Strukturen, die faktisch dazu führen, dass Familientätigkeiten weiterhin den Frauen aufgebürdet werden und dafür sorgen, dass Erwerbsunterbrechungen (ob durch Kinder oder zu pflegende Angehörige), Teilzeitarbeit und Minijobs das Armutsrisiko bei Frauen erhöhen, müssen aufgebrochen werden.

Wir setzen uns im Rahmen dieses Programms für zahlreiche Verbesserungen ein, die es Männern und Frauen erleichtern, Familie und Beruf zu vereinbaren. Dazu gehören der weitere Ausbau von Kinderbetreuung, die gebührenfreie Bildung von Anfang an in Krippe und Kita, ein Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz im Grundschulbereich sowie mehr Entlastungsmöglichkeiten bei der Pflege von Angehörigen.

11. Alleinerziehende stärken

Alleinerziehende – zumeist Frauen – sind im alltäglichen Leben besonderen Schwierigkeiten ausgesetzt und verdienen daher besondere Unterstützung. Sie tragen ein sehr hohes Armutsrisiko. Ausschlaggebend dafür ist oft, dass sich Betreuungszeiten an Kitas und Schulen nicht mit zur Verfügung stehenden Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten vereinbaren lassen. Hierfür wollen wir in Zusammenarbeit mit Kommunen und Jobcentern geeignete Möglichkeiten schaffen und Alleinerziehenden Vorrang bei der Auswahl von passenden Betreuungsangeboten und Schulen mit entsprechenden Angeboten geben.

12. Zugewanderten Frauen Teilhabe ermöglichen

Zugewanderte und geflüchtete Frauen sind in Deutschland oftmals in mehrfacher Hinsicht benachteiligt. Wir werden diese Frauen deshalb gezielt fördern. Wir setzen uns dafür ein, dass alle Frauen ein selbstbestimmtes Leben führen können und am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Dazu gehören Sprachförderung sowie Aus- und Weiterbildung, Partizipationsangebote und Nachbarschaftsprojekte.

Flüchtende Frauen und Kinder haben ein höheres Risiko, auf der Flucht von Gewalt betroffen zu werden. Für traumatisierte Menschen müssen wir deshalb mehr Möglichkeiten der psychologischen und sozialpädagogischen Betreuung gewährleisten.

Damit bestehende Bildungsangebote von geflüchteten und zugewanderten Frauen genutzt können, muss es eine gute soziale Infrastruktur geben. Kostenfreie frühkindliche Bildung ist nicht nur für Kinder eine Integrationsvoraussetzung.

13. Frauen vor Gewalt schützen

Frauen sind häufig Opfer von körperlicher, aber auch von psychischer Gewalt. Wir wollen die Situation der Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen in Hessen verbessern. Grundlage dafür ist für uns das entsprechende Übereinkommen des Europarats („Istanbul-Konvention“). Sie sind Anlaufstellen für Betroffene, für Fachleute, für die Polizei und für die Sozialämter. Es bedarf aus unserer Sicht einer personellen und finanziellen Aufstockung sowie einer kontinuierlichen Erfassung der in Hessen zur Verfügung stehenden Frauenhausplätze und Frauenberatungsstellen. Dabei achten wir auf die Berücksichtigung der besonderen Situation von Frauen mit Migrationshintergrund und von Frauen mit Behinderung, indem wir für unabhängige Übersetzerinnen sowie fachlich geschulte Betreuerinnen und barrierefreie Frauenhausplätze und Beratungsstellen sorgen.

Wir sehen Handlungsbedarf bei der Soforthilfe für Opfer von sexuellen Straftaten. Wir werden, aufbauend auf die bereits durch die Frauennotrufe initiierten Programme in einzelnen Kreisen und kreisfreien Städten, eine flächendeckende Ausweitung der Soforthilfe unterstützen.

14. Mehr Frauen in politische Verantwortung

Wir brauchen mehr Frauen in der Politik, auch, um Frauenrechte besser durchsetzen zu können. Die SPD geht diesen Missstand mit der parteiinternen Frauenquote, aber auch mit Mentoringprogrammen zur Unterstützung von jungen Politikerinnen an. Wir werden gemeinsam mit den Kommunen Wege suchen und Modellprojekte anstoßen, um mehr Frauen nicht nur für Politik zu interessieren und zu begeistern, sondern auch Möglichkeiten zu schaffen, politisches Engagement mit anderen Verpflichtungen vereinbaren zu können.

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