Gleichzeitig wollen wir auch örtliche Überversorgung vermeiden, um nicht notwendige Kosten für die Allgemeinheit zu verhindern, etwa durch eine bessere Krankenhausplanung. Wir wollen, dass alle Menschen unabhängig von ihrem Einkommen, Wohnort oder Alter Zugang zu einer optimalen medizinischen Versorgung bekommen.
Wir werden ein auf die jeweiligen Regionen abgestimmtes Konzept zur Gesundheitsversorgung sicherstellen. Notwendig sind eine vollständige Überarbeitung der Bedarfsbemessung, Kooperationen im Gesundheitsbereich, mehr Einfluss für die Kommunen, Gesundheitszentren/Nahversorgungszentren, Einsatz von besonders geschulten Pflegefachkräften sowie E-Health, aber auch Motivation und Qualifikation der Studierenden in der Medizin, um sie für unterversorgte Regionen zu gewinnen. Medizinstudierende, die sich als Ärztinnen oder Ärzte in unterversorgten Gebieten niederlassen wollen, wollen wir studienbegleitend fördern.
Armut macht krank, und Krankheit macht arm. In Deutschland leben arme Menschen über zehn Jahre kürzer als reiche Menschen, und sie sind länger krank. Wir werden die Möglichkeiten des Präventionsgesetzes nutzen und mit eigenen Projekten ergänzen, die die Gesundheitschancen benachteiligter Bevölkerungsteile spürbar verbessern.
1. Ärztemangel auf dem Land angehen und überall erreichbare Versorgung sichern
Es gibt insgesamt mehr Medizinerinnen und Mediziner als jemals zuvor. Dennoch steht die medizinische Versorgung gerade auf dem Land vor erheblichen Herausforderungen. Viele junge Ärztinnen und Ärzte wollen im Ballungsgebiet oder im Angestelltenverhältnis arbeiten.
Nur jede/r zweite Hausarzt/Hausärztin findet derzeit eine/n Nachfolger/-in für seine/ihre Praxis. Um die gegenwärtige Versorgung zu halten, müssten mindestens doppelt so viele Fachärzte für Allgemeinmedizin ausgebildet werden. Wir setzen uns deshalb für die Schaffung weiterer Medizinstudienplätze ein und für mehr Praxisanteile und eine verbesserte Verknüpfung von Theorie und Praxis.
Im bestehenden Gesundheitssystem werden Ärztinnen und Ärzte benachteiligt, die sich an Orten mit wenigen Privatpatienten niederlassen. Die aktuelle Trennung in privat und gesetzlich Versicherte verschärft somit das Problem der Unterversorgung in vielen Regionen. Wir setzen uns auf Bundesebene für einen Abbau der Zweiklassenmedizin und langfristig für die Einführung einer Bürgerversicherung ein.
Einzige Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung ist die flächendeckende Sicherstellung der ärztlichen Versorgung, die nicht überall erfolgreich gelingt. Wir werden uns deshalb dafür einsetzen, dass den kommunalen Gebietskörperschaften ein vorrangiges Recht zur Übernahme vakanter Vertragsarztsitze mit dem Ziel der Einrichtung kommunaler Versorgungsstrukturen zukommt. Damit kann Versorgung bedarfsgerecht gesteuert und es können familiengerechte, flexible Arbeitsplätze für Ärztinnen und Ärzte angeboten werden.
Wir unterstützen die Anstellung von Vertragsärztinnen und -ärzten oder von Ärztinnen und Ärzten in einem der medizinischen Versorgungszentren, in denen haus und fachärztliche Versorgung angesiedelt werden kann. Wir wollen daneben eine Förderung für Praxisübernahmen und neue Niederlassungen von Hausärzten im ländlichen Raum, wo Unterversorgung droht. Eine grundlegende Gesundheitsversorgung muss für jede und jeden gut erreichbar sein – überall in Hessen. Wir werden Gemeindeschwestern und -assistenten als Instrument der aufsuchenden Sozialarbeit unter dem Aspekt des Kümmerns für die ältere Generation flächendeckend einführen. Darüber hinaus können sogenannte Versorgungsassistentinnen und Versorgungsassistenten Hausärztinnen und Hausärzte erheblich entlasten. Diese besonders geschulten Fachkräfte übernehmen vielfältige Aufgaben für die individuelle Betreuung von Patientinnen und Patienten. Mit dem Konzept der qualifizierten Gemeindeschwestern/-pfleger und den Versorgungsassistenten/innen schaffen wir einen niedrigschwelligen Zugang zur Gesundheitsversorgung und entlasten Haus- und Facharztpraxen. Dadurch wird die Erreichbarkeit verbessert und Wartezeiten werden verringert.
Ergänzende Leistungen durch das E-Health werden immer wichtiger: Bis 2018 sollen Arztpraxen und Krankenhäuser flächendeckend an die Telematikinfrastruktur angeschlossen sein. Damit besteht vor allem für ländliche unterversorgte Räume die Möglichkeit, ohne lange Wege für die Patienten auf Expertise von Fachärzten zurückzugreifen. Den wichtigen Arzt-Patienten-Kontakt können und wollen wir durch digitale Möglichkeiten aber nicht gänzlich ersetzen.
Als Schutz vor HIV-Infektionen wollen wir einer Infektion vorbeugende Medikamente (PräExpositionsProphylaxe, kurz PrEP) auch einkommensschwachen Menschen zugänglich machen und eine landesweite Versorgung sicherstellen. Wir werden der besonderen Verantwortung des Landes für Akutkrankenhäuser als wichtige Infrastruktureinrichtungen im ländlichen Raum gerecht.
2. Krankenhausversorgung sinnvoll ordnen und Mindeststandards für Personalbesetzung einführen
Wir brauchen eine vernünftige Krankenhausplanung für das Land, um örtliche Über- bzw. Unterversorgung zu vermeiden.
Wir werden mit verbindlichen Mindeststandards gegen den Personalmangel in Krankenhäusern und Pflegeheimen vorgehen. Um die Pflegeberufe attraktiver zu gestalten und die Qualität zu gewährleisten, wollen wir eine der Verantwortung angemessene Bezahlung und gesetzlich festgelegte Mindeststandards für die Personalausstattung in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen durchsetzen.
Wir wollen den ambulanten und den stationären Bereich stärker verzahnen. Um dem Bedarf an medizinischen und pflegerischen Leistungen sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich entsprechen zu können, setzen wir uns für die verbesserte und engere Verzahnung der ambulanten Versorgung durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte und der stationären Versorgung im Krankenhaus ein.
Für Patientinnen und Patienten ist der Unterschied zwischen ambulanten und stationären Anlaufstellen in Notfallsituationen nicht nachvollziehbar. Wir wollen deshalb die Zusammenlegung der Leitstellen für Rettungsdienste und die des ärztlichen Notdienstes forcieren.
Die von der CDU betriebene Privatisierung des Universitätsklinikums Gießen und Marburg war eine Fehlentscheidung. Wir wollen durch eine Stärkung der Beteiligungsrechte im Universitätsklinikgesetz für Forschung und Lehre, durch Nutzung der Anteilsrechte des Landes sowie durch die Durchsetzung der Einhaltung des Vertrags unmittelbar nach einem Regierungswechsel zur Verbesserung der Situation in Gießen und Marburg beitragen. Wenn sich eine realisierbare Möglichkeit für einen Eigentümerwechsel ergibt, wollen wir mit dem Ziel des Rückkaufs verhandeln.
3. Hebammenversorgung und Geburtsnachsorge sicherstellen
Wir werden die Hebammenversorgung verbessern. Wir werden ein Hebammenregister erstellen, ein Konzept zur Beseitigung von Unterversorgung entwickeln, eine geeignete Versorgungsplanung einführen und für mehr Ausbildungsplätze für Hebammen und Entbindungspfleger sorgen, um die flächendeckende Versorgung sicherzustellen. Insbesondere werden wir uns für eine Senkung der finanziellen Belastung der Hebammen durch Versicherungsbeiträge einsetzen.
Hebammen sind Müttern und Kindern nicht nur während der Geburt eine verlässliche Stütze, sondern stellen vor allem in der Vor- und Nachsorge eine der wichtigsten Ansprechpersonen dar. Wir werden nicht zulassen, dass junge Familien nach der Geburt auf sich allein gestellt sind.
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In nur einer Minute erhalten Sie Ihr persönliches Wahlprogramm. Finden Sie hier heraus, was wir konkret für Sie tun können.