Unsere Wissenschaftspolitik wird geleitet von den Ideen der Bildungsgerechtigkeit und der Chancengleichheit. Wir fördern Lehre und Forschung in allen Fächern in ihrer gesamten Breite und unterstützen inter- und transdisziplinäre Lehre und Forschung und eine Wissenschaft, die sich im Sinne einer „third mission“ immer ihrer gesellschaftlichen Verantwortung im Sinne von Frieden, Nachhaltigkeit, Wohlstand und sozialem Zusammenhalt auf allen Ebenen bewusst ist.
Gerechtere und breite Zugänge zu akademischer Bildung
Noch immer hängt der Zugang zu Hochschulbildung sehr stark vom Elternhaus ab. Wir wollen erreichen, dass der Zugang zu akademischer Bildung für alle möglich ist. Deshalb unterstützen wir die weitere Öffnung des Hochschulsystems und werden ein Landesprogramm zur Unterstützung der Kinder von Nichtakademiker*innen auf den Weg bringen. Wir garantieren das gebührenfreie Studium für alle – dazu gehört die Abschaffung des hessischen “Verwaltungskostenbeitrags”.
Anstelle starr getrennter Wege wollen wir akademische und Ausbildungsberufe zueinander durchlässiger machen. Dazu werden wir die Möglichkeiten, ohne Abitur zu studieren, erweitern, den Wechsel von Ausbildung zum Studium und andersherum und deren Verknüpfung erleichtern und fördern. Wir unterstützen akademische Angebote der Fort- und Weiterbildung für alle Bevölkerungs- und Altersgruppen und werden prüfen, wie sich bestehende finanzielle Zugangshürden, z.B. für duales Studium, beseitigen lassen. Damit mehr Menschen, etwa Berufstätigen und Alleinerziehenden, ein Studium möglich wird, werden wir die Möglichkeiten für das Teilzeitstudium erheblich ausweiten und flexibilisieren.
Wissenschaft braucht den internationalen Austausch. Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels liegt es im Interesse unserer Gesellschaft, mehr internationale Studierende und Promovierende erfolgreich zum Abschluss zu führen.
Damit ein Studium künftig tatsächlich allen gleichermaßen offen steht, benötigen Studierende Zugang zu bezahlbarem Wohnraum, bezahlbare Mensen, Mobilität und eine gute Beratungsinfrastruktur. Wir werden deshalb die Studierendenwerke stärker finanziell unterstützen. Das Semesterticket wollen wir durch Landeszuschüsse für alle bezahlbar und mit dem 49-Euro-Ticket kompatibel machen. Wir werden auch auf Bundesebene auf Reformen des BAföG, die insbesondere Anpassungen an die tatsächlichen Lebenshaltungskosten vorsehen, dringen.
Wir werden ein Hessen-Stipendium für Berufe mit dauerhaftem Fachkräftemangel einführen (z.B. Landärzt*innen, Lehrer*innen). Daneben werden wir Studienplatzkapazitäten ausbauen und den Rechtsanspruch auf das Masterstudium nach dem BA-Erwerb einführen.
Wir streben an, Hochschulstandorte stärker in der Fläche zu verankern. Unter anderem werden wir die Ansiedlung einer Hochschule in Limburg unterstützen.
Die Wohnungsnot für Studierende schnellstmöglich angehen
Nach Jahrzehnten CDU-geführter und schwarz-grüner Landesregierungen gibt es für nicht einmal jede:n zehnte:n Studierende:n in Hessen in einen Wohnheimplatz – eine katastrophale Bilanz für Studierende ohne reiche Eltern. Um den akuten Mangel zu bekämpfen, wollen wir in der kommenden Wahlperiode 10.000 Wohnheimplätze auf den Weg bringen. Wir werden sich daneben für ein Bund-Länder-Programm für Ausbau und die Sanierung von Wohnheimen einsetzen und auf zusätzliche Wohnkostenzuschüsse für Studierende in besonders angespannten Wohnungsmärkten hinwirken. Langfristig streben wir eine Versorgungsquote 20% gefördertem studentischen Wohnraum an. Auch Promovierende, Postdocs und internationale Studierende wollen wir bei der Suche nach Wohnraum besser unterstützen.
Familienfreundliche und diskriminierungsfreie Hochschulen
Unser Leitbild sind Hochschulen, an denen alle Menschen unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, ihrer sozialen Herkunft und ihrer sexuellen Identität gleiche Chancen haben. Wir gehen konsequent gegen Diskriminierungen vor und werden flächendeckend Beratungs- und Beschwerdestellen / Diversitätsbeauftragte schaffen. Damit Menschen mit Beeinträchtigungen am gesamten Hochschulleben teilnehmen können, werden wir den barrierefreien Umbau der Hochschulen und barrierefreie Lehre stärker unterstützen.
Eine Familie zu gründen, darf nicht länger ein Hindernis für das Studium oder einen erfolgreichen Weg in die Wissenschaftsberufe sein. Deshalb werden wir neben dem Ausbau des Teilzeitstudiums und einer familienfreundlicheren Gestaltung aller Studiengänge besonders den Ausbau der Kitaplätze, auch zu Tagesrandzeiten, für alle Hochschulangehörigen mit Kind vorantreiben. Um den Frauenanteil in der Wissenschaft zu steigern, wollen wir ein eigenes Landesprogramm zur Unterstützung von Wissenschaftler*innen in frühen Karrierephasen auflegen.
Die Arbeitsbedingungen in der Wissenschaft verbessern
Wir wollen, dass mangelnde Absicherung und unzureichend geregelte Arbeitsbedingungen, auch für wissenschaftliche Hilfskräfte, an Hessens Hochschulen der Vergangenheit angehören. Wir werden den – bisher unverbindlichen – „Kodex für gute Arbeit an Hessens Hochschulen“ verbindlich ausgestalten und auf alle Gruppen ausweiten. Insbesondere wollen wir das Übermaß an Befristungen beenden. Dazu werden wir eine Mindestquote für verbindliche Anschlusszusagen (Tenure Track) für Postdocs schaffen, mehr Festanstellungen am Fachbereich fördern (Department-Modell) und staatlich finanzierte Drittmittel stärker an die Schaffung unbefristeter Beschäftigungsverhältnisse knüpfen. Für studentische Hilfskräfte wollen wir Tarifverträge schaffen, indem der TV-H auf Hilfskräfte ausgeweitet und ihnen eine Vertretung in den Personalräten geschaffen wird. Das HPVG soll neben der Mitbestimmung von studentischen Beschäftigten auch eine solche von wissenschaftlichen Beschäftigten regeln. Sofort nach einem Regierungswechsel werden wir mit einem Sofortprogramm für eine Erhöhung der Entlohnung von studentischen Hilfskräften um 15% sorgen. Für Promotionsstellen wollen wir einen rechtsverbindlichen Rahmen schaffen, der ihnen garantiert, dass mindestens die Hälfte ihrer Arbeitszeit tatsächlich ihrer Promotion zugutekommt. Die Möglichkeiten der Promotion an den HAW wollen wir schrittweise und mit begleitender Evaluierung erweitern.
Aufwertung und mehr Wertschätzung der Hochschullehre
Gute Hochschullehre verkürzt die Studiendauer, senkt die Abbruchquoten und unterstützt diejenigen, die sich keine privaten Lehrangebote leisten können. Wir werden deshalb bessere Rahmenbedingungen für die didaktische Aus- und Fortbildung von Lehrenden schaffen. Die Überlastung vieler Lehrender durch im Bundesvergleich sehr hohe Lehrdeputate wollen wir abbauen. Stattdessen werden wir den zusätzlichen Vorbereitungsaufwand für neue und innovative Lehrinhalte und -methoden besser honorieren. Das in Hessen besonders schlechte Verhältniszwischen der Anzahl der Studierenden und der Lehrenden werden wir verbessern. Digitale Lehrangebote (ELearning/Blended Learning) wollen wir durch verbindliche Standards weiterentwickeln Wir wollen, dass auch Forschung und Lehre an unseren Hochschulen fit werden für eine digital geprägte Welt. Moderne Hochschulen müssen Wissen entwickeln und vermitteln, wie etwa KI, Algorithmen oder Datenökonomie funktionieren, welche wissenschaftsethischen sowie Innovationsfelder daraus entstehen und welche Veränderungen dies für die eigenen Berufsfelder bedeutet. Es braucht die Vermittlung von „digital literacy“. Gemeinsam mit den Hochschulen entwickeln wir dafür innovative Ansätze, die durch best-practice-Austausch, fachübergreifende Kurse und einen Austausch mit der beruflichen Praxis unterstützt werden. Das neue Zentrum für Bildung in der Digitalen Welt“ wird dies konzeptionell und wissenschaftlich begleiten.
“Mehr Wumms” bei der Verknüpfung von Forschung und praktischer Anwendung
Wir wollen die Schnittstellen zwischen Forschung, praktischer Anwendung, forschenden Unternehmen und innovativen Start-Ups stärken. Wir werden deshalb hessische Forschungsregionen bei der Bewerbung um Förderung durch die zukünftige Deutschen Agentur für Transfer und Innovation (DATI) unterstützen. In Ergänzung dazu werden wir ein hessisches Pendant zum DATI einrichten, das die Bildung regionaler Netzwerke unterstützt. Wir werden analog zu anderen Bundesländern eine Beratungsinfrastruktur für EU-Mittel für hessische Unternehmen etablieren, damit dieses Potenzial für Innovation und Arbeitsplätze besser genutzt wird.
Um mehr Sichtbarkeit für den Raumfahrtstandort Hessen zu schaffen, mehr Menschen über „Europas Tor zum Weltraum“ zu informieren und das Interesse an naturwissenschaftlichen Fächern sowie den wissenschaftlichen Austausch unter Expertinnen und Experten stärker zu fördern, unterstützen wir den Bau eines Besuchs- und Kongresszentrums am Standort des ESOC der ESA in Darmstadt.
Um die Hochschulen bei der Digitalisierung als Querschnittsaufgabe für Forschung und Lehre besser zu unterstützen, werden wir die Mittel des Digitalpakts aufstocken
Third Mission: Stärkung der Rolle der Wissenschaft für Nachhaltigkeit und den gesellschaftlichen Diskurs
Wir wollen das Verständnis für das wissenschaftliche Denken in der Gesellschaft stärken und Skeptizismus und Verschwörungsmythen den Boden entziehen. Wir werden Citizen Science-Projekte und flächendeckende niedrigschwellige Angebote der Wissenschaftsvermittlung an die breite Öffentlichkeit fördern und transdisziplinäre Forschung zur Überwindung der gesellschaftlichen Spaltungstendenzen fördern.
Wir wollen eine Vorreiterrolle unserer Hochschulen bei Nachhaltigkeit ermöglichen, die bei klimaneutralem Bau und Sanierung der Gebäude beginnt und sich in Bildung für nachhaltige Entwicklung sowie Lehre und Forschung fortsetzt. Wir werden ein Forschungsprogramm „Transformation hin zu einer nachhaltigen Gesellschaft“ auflegen. Außerdem wollen wir Zielvereinbarungen “Klimaneutrale Hochschule bis 2030” mit allen Hochschulen abschließen.
Mehr Demokratie an den Hochschulen wagen und Engagement fördern
Wir werden die Mitbestimmung von Studierenden, Mittelbau und nichtwissenschaftlichen Beschäftigten ausweiten. Wir werden uns dabei an Erfahrungen in Bundesländern mit Viertelparität orientieren. Wir wollen die studentische Mitbestimmung durch das allgemeinpolitische Mandat und eine landesweite Studierendenvertretung verbindlich festschreiben.
Wir werden studentisches ehrenamtliches Engagement in Hochschulgremien sowie das Ehrenamt in gemeinnützigen Vereinen und Verbänden auch außerhalb der Hochschulen besser mit dem Studium vereinbar machen, indem wir Urlaubssemester, die Auflockerung von Regelstudienzeiten und eine Aufwandsentschädigung in Hochschulgremien auf den Weg bringen.
Forschung und Lehre brauchen verlässliche Finanzierung
Wir stehen für Verlässlichkeit und Planbarkeit in der Finanzierung. Wir werden dafür sorgen, dass die hessische Hochschul- und Wissenschaftsfinanzierung zukünftig nicht mehr hinter derjenigen von Bund-Länder-finanzierten Instituten zurückbleibt. Auch müssen künftig wieder die unterschiedlichen tatsächlichen Kosten pro Studienplatz berücksichtigt werden. Dem gestiegenen Preisniveau werden wir durch ein Sofortprogramm nach einem Regierungswechsel unmittelbar Rechnung tragen – hierauf können die Hochschulen nicht bis zum Ablauf des Hochschulpakts im Jahr 2025 warten.
Für Aufgaben im Bereich der „third mission“ werden wir eine eigenständige Finanzierung vorsehen, damit sie nicht zulasten von Forschung und Lehre gehen. Auch werden wir die notwendigen Mittel bereitstellen, um den Kodex für gute Arbeit auszuweiten, verbindlich auszugestalten und mehr Dauerstellen einzuführen