1. Integration als Erfolgsgeschichte fortschreiben
Hessen ist seit Jahrzehnten ein in hohem Maße erfolgreiches Einwanderungsland. Zugewanderte Menschen und ihre Familien mit ihren unterschiedlichen Kompetenzen sind heute aus unserer Gesellschaft, Wirtschaft, Kultur und Politik nicht mehr wegzudenken. Gleichwohl gibt es für die erfolgreiche Integration aller Zugewanderten und ihrer Familien immer noch vieles zu tun und zu verbessern. Für uns ist Integration deshalb eine der wichtigsten politischen Zukunftsaufgaben der kommenden Landesregierungen.
Unser Ziel ist das gleichberechtigte, von gegenseitiger Wertschätzung geprägte Zusammenleben aller Menschen, unabhängig von Herkunft, Religion und sozialem Status in einer unserem Grundgesetz verpflichteten Rechts- und Wertegemeinschaft. Menschen mit Migrationshintergrund müssen auf allen gesellschaftlichen und staatlichen Ebenen gleiche Chancen zur aktiven Teilhabe am politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben haben.
Wir brauchen ein Integrationsgesetz für Hessen, um die verschiedenen Aspekte der Landespolitik im Hinblick auf die Anforderungen in diesem wichtigen Feld sinnvoll zu gestalten.
Unsere Integrationspolitik setzt einen Schwerpunkt bei Kindern und Jugendlichen. Wir wollen
- möglichst frühe und individuelle Förderung, um Benachteiligungen gar nicht erst entstehen zu lassen,
- gezielte Ansprache, Beratung und Einbeziehung der Eltern,
- interkulturelle Kompetenz und Mehrsprachigkeit, Wissen für den täglichen Umgang mit unterschiedlichen Kulturen, Religionen und Mentalitäten als Schwerpunkt von Aus-, Fort- und Weiterbildung der Fachkräfte und
- mehr Lehr- und Erziehungskräfte mit Migrationshintergrund.
Die Beherrschung der deutschen Sprache ist eine zentrale Voraussetzung für Integration. Wir werden deshalb für mehr alltagsintegrierte bedarfsgerechte Angebote zur Sprachförderung sorgen.
Wir wollen Menschen mit Migrationshintergrund gezielt bei der Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt unterstützen, insbesondere beim Übergang von der schulischen in die berufliche Ausbildung. Eine erleichterte Anerkennung ausländischer Abschlüsse ist sowohl für die Betroffenen als auch für die heimische Wirtschaft wichtig, damit vorhandene Qualifikationen optimal genutzt werden können.
Wir wollen den Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund, sowohl in den Verwaltungen als auch in den öffentlichen Einrichtungen erhöhen – ebenso in Führungspositionen.
Wir wollen die Kommunen dabei unterstützen, ihre Ausländerbehörden zu Integrationsbehörden und zu Serviceeinrichtungen weiterzuentwickeln. Wir wollen das gesellschaftliche Engagement von Zugewanderten stärker fördern.
2. Integrationskraft der Schulen weiter stärken
Zentral für das Gelingen schulischer Integration von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist das Ende der aussondernden, trennenden Schulpolitik. Obwohl engagierte Lehrkräfte und Schulen bei der Integration starke Leistungen erbringen, ist die immer noch vorhandene Abhängigkeit des Bildungserfolgs von der kulturellen Herkunft gegenüber allen betroffenen Kindern ungerecht und ein Problem für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Mit unserer Schulpolitik sorgen wir deshalb dafür, dass die bestehenden Benachteiligungen in unserem Schulsystem, die nicht nur, aber in besonderem Ausmaß Kinder aus Zuwanderungsfamilien treffen, beseitigt werden.
Wir wollen die Integrationskraft unserer Schulen stärken. Wir werden sie mehr als bisher in die Lage versetzen, sich auf die zunehmende Vielfalt unserer Gesellschaft einzustellen. Wir werden die Herkunftssprachen als Fremdsprachen an hessischen Schulen aufwerten, um die sprachlichen und interkulturellen Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern und Lehrkräften sowie ihre spezifischen Fähigkeiten zu fördern. Gleichzeitig werden wir einen Schwerpunkt auf die fehlerfreie Beherrschung der deutschen Sprache in Wort und Schrift als zentrale Kommunikationssprache und wichtigen Faktor für den Zugang zum Arbeitsmarkt und für die gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe setzen.
3. Gleichberechtigung und Teilhabe für Hessinnen und Hessen mit Migrationshintergrund
Gleichberechtigung setzt politische Teilhabe voraus. Wir treten daher für das aktive und passive kommunale Wahlrecht für alle hier lebenden Menschen ein. Wir werden die Arbeit der kommunalen Ausländerbeiräte und ihrer Dachorganisation weiter aktiv unterstützen. Wir befürworten die Erweiterung der Rechte und Befugnisse der Ausländerbeiräte in der Hessischen Gemeindeordnung, insbesondere ein klar geregeltes Rede- und Antragsrecht in den kommunalen Parlamenten und das aktive Wahlrecht eingebürgerter Personen zu den Ausländerbeiräten.
Wir stehen zur verfassungsrechtlich garantierten Ausübung der Religionsfreiheit in unserem Land. Die Vielfalt der Glaubens- und Religionsgemeinschaften ist selbstverständlicher Teil unserer Gesellschaft. Der Islam als Religion, die religiösen Gemeinschaften und Verbände und die Muslime sind Teil unserer Gemeinschaft. Wir wollen den bekenntnisorientierten islamischen Religionsunterricht unter staatlicher Schulaufsicht ausweiten und die Studiengänge für islamische Religionspädagogik und Theologie ausbauen.
Die konsequente Bekämpfung und Verfolgung von Diskriminierung sowie gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit wie Rassismus, Antisemitismus und Islamophobie sind elementare Bestandteile sozialdemokratischer Integrationspolitik. Wir werden ein Landesantidiskriminierungsgesetz vorlegen, damit sich Betroffene auch in den Bereichen rechtlich besser zur Wehr setzen können, die nicht vom Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) des Bundes abgedeckt sind.
4. Integration beginnt am Tag der Einreise
Das Recht auf Asyl und Schutz vor Verfolgung, wie es in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte niedergelegt ist, ist für uns unantastbar. Auch wenn die Zahl der Asylanträge gegenwärtig rückläufig ist, suchen immer noch viele Menschen Schutz in unserem Land. Um Integration von vornherein zur Erfolgsgeschichte zu machen, wollen wir Sprachkurse und Bildungsangebote von Anfang an ermöglichen.
Wir befürworten den Familiennachzug für alle dauerhaft hier lebenden Menschen, auch für unter subsidiärem Schutz Lebende, erstens aus humanitären Gründen, zweitens aufgrund des grundgesetzlich geforderten Schutzes für Ehe und Familie und drittens, weil sich Familiennachzug positiv auf den Integrationswillen und -erfolg auswirkt.
Für uns beginnt Integration am ersten Tag der Einreise. Bis sie erreicht ist, sollen Asylbewerberinnen und Asylbewerber würdig untergebracht werden. Dazu gehören einheitliche verbindliche Mindestanforderungen für Aufnahme- und Gemeinschaftsunterkünfte. Wir wollen alle zu uns kommenden Menschen frühzeitig mit unseren Werten und Normen und unseren Regeln und Gesetzen für ein demokratisches und tolerantes Miteinander vertraut machen.
Populistische Forderungen von rechter und konservativer Seite nach Leistungskürzungen für Schutzsuchende unter das soziokulturelle Existenzminimum lehnen wir ab, da sie die Integration erschweren und zur Ausgrenzung der Betroffenen aus dem gesellschaftlichen Leben führen.
Wir setzen uns für eine unabhängige Verfahrensberatung für neu ankommende schutzsuchende Menschen ein, die ihnen hilft, das komplizierte Asylverfahren zu durchlaufen und ihre Rechte wahrzunehmen. Wir stärken die soziale Betreuung, auch bei dezentral untergebrachten Flüchtlingen. Wir werden geeignete Versorgungsstrukturen für besonders schutzbedürftige Personen wie unbegleitete Minderjährige, Alte, Schwangere, Alleinerziehende, Personen mit schweren körperlichen oder psychischen Erkrankungen und traumatisierte Flüchtlinge aufbauen.
Wir wollen die Arbeit der Helferinnen und Helfer noch stärker unterstützen. Dieses ehrenamtliche Engagement in der Flüchtlingshilfe ist unersetzlich und erfüllt uns mit Stolz.
Damit die Integrationsarbeit für Flüchtlinge nicht zulasten der Kommunen geht, werden wir die Städte und Gemeinden bei den Kosten für Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen auskömmlich finanzieren.
An den Schulen wollen wir gewährleisten, dass Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern beim Ankommen im Klassenverbund und in die Schulgemeinde begleitet werden. Wir werden die Anzahl der Wochenstunden in den sogenannten Intensivklassen und die Besuchsdauer dem tatsächlichen Nachholbedarf anpassen. Daneben werden wir die nachholende Bildungsarbeit ausbauen. Für Quereinsteiger werden wir die Altersberechtigung zum Schulbesuch auf 27 Jahre erhöhen, damit insbesondere Flüchtlinge einen Schulabschluss an beruflichen Schulen oder Schulen für Erwachsene erwerben können. Wir wollen Intensivklassen an allen Schulformen.
Hessen ist stolz darauf, ein hilfsbereites Land zu sein, das Menschen, die Schutz und Hilfe benötigen, aufnimmt. Genauso wirken wir darauf hin, dass alle, die kein Anrecht auf unseren Schutz oder auf ein dauerndes Aufenthaltsrecht genießen, das Land wieder verlassen. Abschiebungen aus „Schutzräumen“, etwa aus Schulen oder psychiatrischen Einrichtungen, lehnen wir ab. Wir unterstützen Menschen, die freiwillig ausreisen, und wollen ihnen helfen, sich in ihrem Heimatland eine neue Perspektive aufzubauen.
Wir wollen es ermöglichen, dass Menschen, die als Flüchtlinge hier leben, durch eigene Integrationsanstrengungen und -leistungen ein dauerhaftes Bleiberecht und die Möglichkeit zur Einbürgerung erwerben können, um zusätzliche positive Anreize für die Integration zu setzen.
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