In Zeiten des gesellschaftlichen Umbruchs und eines krisenhaften Lebensgefühls nehmen Kunst, Kultur und Medien eine besonders wichtige Aufgabe wahr. Kunst und Kultur sind notwendig für die offene Gesellschaft, und dies umso mehr, als die Demokratie zunehmend bedroht wird. Als Gradmesser gesellschaftlicher Vielfalt und ihrer Freiheit müssen Kunst und Kultur großzügig gefördert, die Teilhabe an ihnen muss allen ermöglicht werden. Kunst und Kultur sind für die SPD Hessen mehr als eine „freiwillige Leistung“, sie sind Daseinsvorsorge und unabdingbar für ein gutes Leben.
Es braucht eine verlässliche Unterstützung der Freien Kulturszene genauso wie die Stärkung der großen Institutionen der Theater, Konzerthäuser, Museen und auch der Kunsthochschulen. Diese Förderung versteht sich dabei nicht nur materiell, sondern sie ist eine zielgerichtete Kulturpolitik, die Kunst als Möglichkeitsraum und als Ort der Vermittlung von Erfahrung und Wissen begreift.
Für das Funktionieren der Demokratie ist zudem eine vielfältige Medienlandschaft von entscheidender Bedeutung. Es gilt, ihre Qualität und einen freien Zugang in Zeiten von Digitalisierung und gesellschaftlichen Veränderungen zu sichern. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht dabei besonders im Fokus der Landespolitik.
Teilhabe und kulturelle Bildung
Die SPD Hessen wird in Regierungsverantwortung einen größeren Schwerpunkt auf kultureller Bildung legen. Dazu zählen – neben den schulischen – die außerschulischen Angebote der kulturellen Kinder- und Jugendbildung sowie der gemeinwohlorientierten Weiterbildung. Im Besonderen zählen dazu neben Kunst- und Musikschulen, Museen, Theater, Volkshochschulen, Bibliotheken und Kinos auch Bildungsprojekte der Freien Kulturszene. Wir bekennen uns zur Teilnahme an dem Bundesprogramm „Kultur macht stark“, das bereits in der dritten Förderperiode besteht. Wir wollen die institutionelle Absicherung dieses Programms mit zusätzlichen Landesmitteln unterstützen. wollen wir die vielfältigen Kulturinitiativen insbesondere auch außerhalb der Ballungsräume stärker miteinander vernetzen. Ziel ist es, möglichst vielen Menschen kulturelle Teilhabe nachhaltig zu ermöglichen. Chöre, Orchester und weitere Akteure aus dem Bereich der Amateurmusik wollen wir ergänzend zum Amateurmusikfonds des Bundes fördern und die hessischen Musikschulen drittelparitätisch finanzieren. Um die kulturelle Teilhabe von Kindesbeinen an kostenfrei sicherzustellen, wollen wir ein landesweites Kultur-Ticket für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre einführen.
Theater, Museen und Archive
Museen und Theater sind Orte der Vermittlung von Wissen und Erfahrung, des Spiels und der Unterhaltung. Sie müssen gestärkt und weiterentwickelt werden.
Theater sollen noch zugänglicher werden. Die Strukturen des Theaters selbst sollen die Realität der sich gewandelten Gesellschaft widerspiegeln, d.h. konkret, dass wir für mehr Diversität in Führungspositionen und für mehr Vermittlungsangebote eintreten. Nur so wird das Theater für zukünftige Generationen gesichert. Denn Theater sind der Ort, an dem Tradition und Erneuerung ständig neu ausgehandelt werden. Die Finanzierung der Staatstheater ist weiterhin sicherzustellen. Außerdem benötigt die Freie darstellende Szene künftig eine verlässliche Mehrjahresförderung. Die Stadt Frankfurt leistet mit den städtischen Bühnen und anderen (Produktions-)Häusern einen wesentlichen Beitrag für den hessischen Kulturbetrieb. Eine Unterstützung des Landes soll künftig gemeinsam mit den umliegenden Kommunen geprüft werden. Auch die Deutsche Akademie der Darstellenden Künste bereichert die hessische Theater-landschaft. Wir unterstützen daher die Bemühungen der Wissenschaftsstadt Darmstadt, der Akademie Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen.
Die Profilierung der staatlichen Museen und Archive werden wir vorantreiben. Dabei stellen die Landesmuseen und -archive für uns herausragende Kultureinrichtungen dar, deren weitere Öffnung wir forcieren. Denn die Museen sehen sich wachsenden Aufgaben gegenüber: von der Internationalisierung des Publikums über die Diversifizierung kultureller Angebote bis zur Digitalisierung der Sammlungs- und Archivbestände. Die digitale Erschließung der Sammlungen ist unabdingbar, um eine zeitgemäße Darstellung und Vermittlung der Exponate zu gewährleisten, um die Öffentlichkeit wirksam zu erreichen und um die Provenienz der Objekte besser erforschen zu können. Die Museen bergen kulturelle Schätze, deren Herkunft uns die ethische Verpflichtung auferlegt, dass wir, wenn Raubgut nachgewiesen wird, dieses zurückgeben. Wir wollen die Museen personell und finanziell in die Lage versetzen, diese Aufträge zu erfüllen.
Demokratiegeschichte, Erinnerungskultur und politische Bildung
Hessen hat unter sozialdemokratischer Führung Maßstäbe der demokratischen Aufklärung und Bildung gesetzt. Daran wollen wir anschließen. Wir werden die Landeszentrale für politische Bildung stärken, einen weiteren Standort außerhalb des Rhein-Main-Gebiets einrichten, und deren Angebote für die digitale Öffentlichkeit zeitgemäß weiterentwickeln. Wir wollen ein Demokratiefördergesetz auf den Weg bringen. Demokratieförderung ist eine Daueraufgabe, die in allen Bildungsinstitutionen verankert und verlässlich finanziert werden muss. Wir wollen nicht nur bestehende Gedenkstätten weiter fördern, sondern mit neuen Bildungs- und Gedenkorten an weitere Oper von Nationalsozialismus und Menschenhass heute sowie an mutige Widerstandskämpfer:innen erinnern. Dabei beziehen wir auch das Kriegsfolgenschicksal, die Deportation, Verfolgung und die Zeit der Aussöhnung deutscher Minderheiten in Mittel- und Osteuropa sowie den GUS Staaten, insbesondere die Geschichte der Deutschen aus Russland ein. Dazu muss die gute Arbeit von zivilgesellschaftlichen Partnern vor Ort größere Anerkennung finden und der Austausch mit Forschungsinstitutionen wie dem Fritz-Bauer-Institut intensiviert werden. Wir werden unter anderem eine digitale Plattform der Hessischen Erinnerungskultur schaffen, um den Austausch zu fördern und Angebote besser sichtbar zu machen. Die deutsche und europäische Demokratiegeschichte wird zukünftig in einem auch vom Land Hessen getragenen „Haus der Demokratie“ in unmittelbarer Nähe der Frankfurter Paulskirche vermittelt. Dabei sind auch die außeror-dentlichen Leistungen der Deutschen Revolution für das Entstehen eines demokratischen und sozialen Deutschlands herauszustellen. Nicht zuletzt können so die Herausforderungen breit diskutiert werden, denen sich die heutige Demokratie stellen muss, um echte gesellschaftliche Teilhabe für alle Bürger:innen zu garantieren. Die höchste Auszeichnung Hessens, die Wilhelm-Leuschner-Medaille, hat für uns einen besonderen Stellenwert. Künftig soll nicht mehr die Ministerpräsidentin allein, sondern eine zeitgemäße Jury über den Preisträger oder die Preisträgerin entscheiden.
Freie Kulturszene, Soziokultur und Clubkultur
Die freien Künstler:innen bilden ein Herzstück der sozialdemokratischen Kulturpolitik. Ihr Ansatz, unabhängig von großen Institutionen oder mit diesen in Kooperation Werke zu erarbeiten, verdient unsere volle Unterstützung. Denn die Freie Kulturszene und soziokulturelle Zentren bereichern in der Breite und mit ihren häufig experimentellen Formen die hessische Kulturlandschaft. In allen Kunstgattungen hat sich eine enorme Vielfalt und Qualität entwickelt. Nicht selten jedoch müssen diese Künstler:innen unter schwierigen, teils prekären Bedingungen arbeiten. Diese Lage hat sich während der bestehenden Krisen verschärft. Für die Sicherung und Weiterentwicklung der Szene ist es daher von erheblicher Bedeutung, dass es gute Arbeitsbedingungen gibt. Wir werden uns dafür einsetzen, dass Förderungen erhöht werden, gerade in Ballungsräumen günstige Arbeitsräume gesichert werden, Mindesthonorare gezahlt und die Sichtbarkeit von freien Künstler:innen insgesamt deutlich verbessert wird.
Auch Musikclubs sind unerlässliche Orte der kulturellen und subkulturellen Begegnung. Daher sind sie nicht als Vergnügungsstätten, wie etwa Bordelle oder Spielhallen, zu werten, sondern als kulturelle Einrichtungen anzuerkennen. In Abstimmung mit den Interessenvertretungen von Clubs und Gastronomie sind diese Orte besser zu schützen, indem die Baunutzungsverordnungen gemeinsam mit den Kommunen überprüft und angepasst sowie eigene Landesförderungen für nichtkommerzielle Clubangebote eingerichtet werden.
Kultur für die Regionen
Die SPD Hessen wird die regionale Zusammenarbeit für die Kultur in den Städten ebenso wie im ländlichen Raum gezielt stärken. Dazu werden wir Kooperation noch stärker fördern, indem sie entsprechende Anreize geteilter Kulturangebote schafft. Die gute Arbeit der KulturRegion FrankfurtRheinMain und des Kulturfonds Frankfurt RheinMain soll ausgebaut werden. Für Nordhessen soll eine ähnliche Form der Kooperation auf den Weg gebracht werden. Kommunen, die eine Kulturentwicklungsplanung anstrengen, sollen landesseitig gefördert werden. Kulturelle Angebote sollen bei Fragen der Begleitung von Stadtentwicklungskonzepten größere Berücksichtigung finden. Dazu zählt besonders die Schaffung von Kulturräumen, die mit ihren Angeboten für alle zugänglich sind.
Medien und Film
Medien sind heute mehr als nur Mittler von Information und Unterhaltung, sie werden in stärkerem Umfang als Arbeits-, Lehr- und Lerngegenstände genutzt. Das Internet hat die Printmedien wie Zeitung und Büchermarkt, aber auch den Rundfunk weiterentwickelt. Das eröffnet neue Chancen für eine demokratische Öffentlichkeit, aber auch Risiken, wenn es nicht gelingt, qualitätsgesicherte und unabhängige Informationen für alle zu gewährleisten.
Die Nutzer:innen von Medien sind nicht mehr passive Konsumenten, sondern gehen zunehmend aktiv und selbstbestimmt mit ihnen um. Damit die Erfahrungen und das Lebensgefühl wirklich aller Hess:innen größere Berücksichtigung finden, müssen insbesondere jüngere Menschen stärker zu Wort kommen, aber auch die spezifischen Anforderungen des ländlichen Raums nach Information und Repräsentation erfüllt werden. Die Realität der pluralen Gesellschaft muss sich künftig im Angebot wiederfinden. Als Leitmedium kommt dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk die Aufgabe zu, zur demokratischen Meinungsbildung wesentlich beizutragen. Daher sind der Markenkern des Hessischen Rundfunks (hr) mit seinen starken Informationsangeboten zu erhalten und auszubauen sowie Formate in leichter Sprache noch deutlicher einzubeziehen. Außerdem unterstützen wir die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hin zu einem echten crossmedialen Programmangebot, damit mehr Nutzer:innen erreicht werden können.
Wir bekennen uns zum hr-Symphonieorchester und zur hr-Bigband. Die Klangkörper sind in ihrer Entstehungsgeschichte untrennbar mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk verbunden. Der Auftrag des Rundfunks beschränkt sich nicht darauf, Kultur zu verbreiten, er soll auch selbst weiterhin Veranstalter und Produzent hochwertiger Kulturangebote sein können.
Die SPD Hessen wird die Potentiale der hiesigen Filmbranche besser unterstützen. Wichtige Akteure haben nach wie vor ihren Sitz in Hessen unter anderem die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) oder auch die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, der Bundesverband Jugend und Film oder der Bundesverband kommunale Filmarbeit, die Filmhäuser in Frankfurt und Wiesbaden, die HessenFilm und Medien, die Murnau Filmstiftung, die AG Dok und nicht zuletzt das Deutsche Filminstitut und Filmmuseum. All diesen Institutionen wollen wir in Hessen gute Standortbedingungen erhalten und sie weiter verbessern und diese starke Struktur zur Profilierung und Weiterentwicklung des Filmstandortes Hessen nutzen. Dies wollen wir im Schulterschluss mit den regionalen Branchenverbänden erreichen.
Die Arbeit der HessenFilm und Medien GmbH nimmt für uns dabei eine Schlüsselstellung ein. Wir wollen sie ausbauen. Die wirtschaftliche Filmförderung muss aufgestockt werden, um den lokalen Playern im Wettbewerb der Länder beizustehen. Hierbei ist insbesondere die strukturelle Schwächung Hessens im Vergleich zu anderen Ländern, die während der Corona-Zeit ihre Mittel erhöht haben, auszugleichen. Denn die Kreativwirtschaft – hierbei explizit neben der Film- auch die Gamesbranche – gehört auch in Hessen zu den stark wachsenden Wirtschaftszweigen. Besonders günstige Entwicklungsbedingungen finden sich dort, wo Technologie, Talent und Toleranz zusammengebracht werden. Ein besonderes Augenmerk werden wir dazu auf die Nachwuchs- und Hochschulfilmförderung legen.
Alle Anregungen, Ideen und Kritik, die über das unten stehende Kommentierungstool und andere Kanäle bei uns eingehen, werden der Programmkommission weitergegeben.